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ARCHIV
FÜR DAS
STUDIUM DER NEUEREN SPRACHEN UND LITTERATUREN.
HERAUSGEGEBEN
VON
TuTJ-JD^^J^XOr HEI^i^IG-.
XLI. JAHRGANG, 77. BAND.
BRAUNSCHWEIG.
DRUCK UND VERLAG VON GEORGE WESTERMANN.
1887.
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Inhalts -Verzeicilnis des LXXVII. Bandes.
Abhandlungen.
Seite Briefe von Ch. F. Weifse an K. W. Ramler. Im Auszuge mitgeteilt von
Karl Schüddekopf. 1 1
Moliere, Wycherley und Garrick. Von PaulSandmann 47
Gärten und Gartenkunst in Shakespeares England. Von Th. Vatke . . 85 Ein kleiner Beitrag zur vergleichenden Syntax des Englischen und Deut- schen. Von Julius Zupitza 103
Heinrich von Villena, ein spanischer Dichter und Zauberer. Von Edmund
Dorer 129
Über Robert Herrick. Von J. Arnheim 145
Zur mittelenglisclien Romanze Cheuelere Assigne. Von Dr. August Krüger 169 Bemerkungen zu französischer Lektüre in Anschlufs an Daudets neueste
Werke. Von Dr. K. Wehrmann 181
Über die Aussprache und Accentuierung der französischen Präposition re-.
Von E. Gerlach 201
Der germanische Lichtgott Balder und der heilige Johannes. Ein Beitrag
zur deutschen Sagenforschung. Von Adalbert Rudolf 241
Die Llorona, das weinende Mädchen der Mexikaner, und ihre Schwestern
bei den Ariern und Mongolen. Von Dr. E. Veckenstedt . . . . 285 Johannes Ackermanns Spiel vom barmherzigen Samariter (154G). Heraus- gegeben von J. Bolte 303
Die christlichen Wörter in der Entwickelung des Französischen. Von
Dr. O. Keesebiter 329
Shakespeare und Plutarch. Von Dr. AdolfVollmer. 1 353
Sitzungen der Berliner Gesellschaft für das Studium der neueren Sprachen 404
Beurteilungen und kurze Anzeigen.
Lehr- und Übungsbuch für den Unterricht in der englischen Sprache. Be- arbeitet von O. Natorp. Teil I für die untere Lehrstufe, Teil II für die obere Lehrstufe. (Lenk) 109
Dr. J. W. Zimmermann, Schulgrammatik der englischen Sprache für Real- gymnasien und andere höhere Schulen. Zweiter Lehrgang: Syntax 117
F. Bertholet, Livre de lecture k l'usage des classes inferieures. (J. G u t e rs o h n) 118
Mangold und Coste, Lese- und Lehrbuch der französischen Sprache, für die
untere Stufe liöherer Lehranstalten. (R. Mah renhol tz) 119
Histoire litteraire de la France, ouvrage commence par des religieux Bene- dictins de la congregation de Saint-Maur et continue par des membres
Seite de riiistitut (Acadeinie des iiisciijjtioiis et belles-lettres). Tome XXIX. Suite du quatorzieme siecle 209
Vieilles Choses et Vieux Mots Lyonuais par Nizier du Puitspelu. (Extrait
de la Revue lyonnaise.) 213
Der Roman de Mahomet von Alexandre du Pont, eine sprachliche Unter- suchung. Erlanger Dissertation von Rieh. Peters 214
Syntaktische Studien zu Robert Garnier. Erlanger Dissertation von W. Procop.
(R. R.) 215
Sprache und Dialekt der mittelenglischen Homilien in der Hs. B. 14. 52.
Trinity College, Cambridge. Von A. Krüger 216
Die englische Aussprache auf akustischer und physiologischer Grundlage methodisch bearbeitet für den Schul- und Privatunterricht. Eine Ergän- zung zu jedem Lehrbuche der englischen Sprache. Von Dr. J. W. Zim- mermann. (G. Tanger) 216
Quentin Durward by Sir Walter Scott. Im Auszuge mit Anmerkungen her- ausgegeben von Dr. C. Thiem. (Dr. Hans Heim) 219
Johann Andreas Schmellers Leben und Wirken. Eine Festgabe zum lOOjäh-
rigen Geburtstage des grofsen Sprachforschers von Johannes Nicklafs 414
Grundzüge der deutscheu Litteraturgeschichte. Ein Hilfsbuch für Schulen
und zum Privatgebrauch. Von Dr. Gottlob Egelhaaf 417
Goethes Iphigenia auf Tauris. Von Dr. A. Hagemann, weil. Gymnasialdirektor
zu Graudenz. Herausgegeben von Paul Hagemann 419
Geschichte der deutschen Litteratur mit besonderer Berücksichtigung der
neueren und neuesten Zeit im Umrisse bearbeitet von Dr. Hermann Menge 420
Goethes Dichtung und Wahrheit. Erläutert von H. Düntzer 423
Zur Biographie Franz Grillparzers. Von L. A. Frankl. (Hol sc her) . . 424
Henry Sweet, Elementarbuch des gesprochenen Englisch. (Franz Beyer) 425
The Settiers in Canada, mit Anmerkungen von Direktor Benecke .... 433
Englisches Lesebuch für höhere Lehranstalten. Mit litterar-historischeii, sachlichen und sprachlichen Anmerkungen. Herausgeg. von Dr. E. Nader und Dr. A. Würzner. (Dr. Hans Heim) 436
Lehrbuch der englischen Sprache für Schulen (nicht für den Selbst-Unter- richt). Erster Teil: Elementarbuch. Mit besonderer Berücksichtigung der Aussprache und Angabe letzterer nach dem phonetischen System der Methode Toussaint-Langenscheidt. Von Prof. Dr. A. Hoppe. (H.) 437
J. Gutersohn, Französische Leseschule. P^iu methodischer Vorkursus zur Einführung in die französische Aussprache und Orthographie. (Deutsch- bein) 439
M. Trautmann, Die Sprachlaute im allgemeinen und die Laute des Englischen,
Französischen und Deutschen im besonderen. (L. B.) .442
Elementarbuch der französischen Sprache für höhere Lehranstalten. Von
Dr. O. Ulbrich. (H.) 444
Otfrieds Evangelienbuch. Herausgegeben und erklärt von Oskar Erdmann 446
Die Lieder und Leiche des Schenken Ulrich von Winterstctten. Heraus- gegeben von Dr. J. Minor 446
Ausdrücke und Redensarten der Elbingschen Mundart. Mit einem Anhange von Anekdoten, dem Volke nacherzählt. Gesammelt und erklärt von August Schcmionek 446
Mathias Lexer. Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch 447
Der Messias. Erster, ZM'eiter und dritter Gesang von F. G. Klopstock . . 447
Ludwig Blume, Goethe als Student in Leipzig. (H. L.) 447
Harzsagen, zum Teil in der Mundart der Gebirgsbewoliner gesammelt und
herausgegeben von Heinrieh Pröhle 448
The English and American poets and dramatists of the Victoriau age ; witli
biographical notices. By George Boyle 448
The History of Scotland during the reigns of Queen Mary, and of King
James VI. by W. Robertson 449
V
.Seite
Saininliiiij; von Dar.stclluiigcMi ;ui.s dci' Gcscliiclito, zum Ulierst'fzeii ins Kraii-
zösisclie hcniheitet von liolfs 449
Systematische l'In-aseologie der englischen Umgangssprache. Von Dr. All)crt
Gärtner 449
Konjugation des regclmäfsigen französischen Zeitwortes. Von Erwin Walthcr. (II.) 450
Lamartine, Voyage en Orient. In Auszügen zum Scliulgebrauch heraus- gegeben von Professor Dr. H. Lambeck 4.50
Karl Deutschbein, Zehn charakteristische Skizzen aus Wnsli. Irvings Sketch-Book 450
Gardiner, Historical Biographies. llerausgeg. von G. Wolpcrt. (Joseph
Sarrazin) 451
Russisch-deutsches und deutsch-russisches Wörterbuch von N. Lenström.
I. Russisch-deutscher Teil. (Edm. Ve ck en s te d t) 451
Philipp Noack, Lehrbuch der japanischen Sprache 452
Doine si strigaturi din Ardeal date la ivealä de Dr. Joan Urban Jarnik .si
Andreiu Bärseanu. (H. Buch hol tz) 453
Hamlet, der Konstabel der Vorsehung. Eine Shakespeare-Studie von Karl
Dietrich. (J. Jacoby) 454
Die plattdeutsche Komödie im neunzehnten Jahrhundert. Von Karl Theodor
Gaedertz 45G
Die Inschrift von Killeen Cormac und der Ursprung der Sprache. Von
Dr. Ernst Rethwisch 459
Deutsches Lesebuch für mittlere Gymuasialklassen -von August Spiefs und
Friedr. Spiefs. (Kölscher) 460
Der Dichter Johann Fischart und insbesondere sein Glückhaft Schiff, das Hohelied von Manneskraft und Mannestreu. Mit Einleitung und Be- merkungen. Eine Jubelgabe zum sechsten deutschen Turnfeste von H. Stiehler. (J. Bolte) 461
Abfertigung in Sachen Lanfreys. (Fr iedrich R amsl er) 461
Programmenschau.
Der deutsche Unterricht am Realgymnasium, seine Eigenart und seine Auf- gabe. Betrachtungen und Vorschläge von Direktor Dr. W. Münch. Programm des Realgymnasiums zu Barmen 221
Über Sprach- und Gaugrenzen zwisclien Elbe und Weser. Mit einer Karte. Von Direktor Dr. H. Babucke. Programm des Altstädtischen Gym- nasiums zu Königsberg 223
Die Grenze zwischen dem hochdeutschen und dem niederdeutschen Sprach- gebiete östlich der Elbe. Mit zwei Sprachkarten. Von Benno Haus- haltner. Programm des Gymnasiums zu Rudolstadt 223
Die deutschen Sprachinseln in Österreich. Von M. Gehre. Programm der
Realschule zu Grofsenhain 225
Der Satzbau im Heliand in seiner Bedeutung für die Entstehung der Frage, ob Volksgedicht oder Kunstgedicht. Von Fr. Peters. Programm des Gymnasiums zu Schwerin 225
Einflufs des französischen Rittertums und des Amadis von Gallien auf die deutsche Kultur. Von W. Seibt. Programm der Adlei-flychtschule zu Frankfurt a. M 226
Über Boners Fabeln. Von R. Gottschick. Programm des Gymnasiums zu
Charlottenburg 226
Über die Freiberger Bibelhandschi-ift nebst Beiträgen zur Geschichte der vor- lutherischen Bibelübersetzung. Von M. Rachel. Programm des Gym- nasiums zu Freiberg 227
Bemerkungen aus dem Zeitalter der schönen Wissenschaften. Von H. Meyer.
Programm des Berlinischen Gymnasiums zum Grauen Kloster .... 228
Moses Mendelssohn. Eine Schulrede. Von Direktor Dr. Bärwald. Pro- gramm der Realschule der israelitischen Gemeinde zu Frankfmt a. M. 229
VI
Seite
Zu Goethes Tasso. Von Direktor Dr. Wittich. Programm des Realgym- nasiums zu Kassel 230
Zum Goethe-Schillerscheu Briefwechsel. Von Oberlehrer Hesse. Programm
des Neustädter Eealgymnasiums zu Dresden 230
Über den vermeintlichen Wechsel in Schillers Ansicht vom Verhältnis des Ästhetischen zum Sittlichen. Vom ord. L. Howe. Programm des Eeal- gymnasiums zu Dirsehau 230
Beitrag zur Behandlung der dramatischen Lektüre. II. Von Herm. Unbescheid.
Programm der Annenschule (Realgymnasium) zu Dresden-Altstadt . . 231
Zur Feier deutscher Dichter. Von Direktor K. Strackerjan. 19. Abend: Heine und Lenau. 20. Abend: Freiligrath. Programm der Ober- Realschule zu Oldenburg 231
Lenaus Albigenser und die Quellenschriften. Von P. Krüger. Programm
der Luisenstädtischen Ober-Realschule zu Berlin. (Kölscher) . . . 232
Miseellen.
Seite 122 — 126. 233—238. 103-477.
Bibliographischer Anzeiger.
Seite 127 — 128. 239 — 240. 478—480.
Briefe von Ch. F. Weifse an K. W. Ramler.
Im Auszüge mitgeteilt
von
Karl S c h ü d d e k o p f.
Die eindiTügencle Darstellung, welche J. M i n o r von Weifses Wirken gegeben hat (Innsbruck 1880), findet nicht unerhebliche Ergänzung durch eine fast lückenlose Reihe Weilsescher Briefe aus den Jahren 1762 bis 1797, welche die Besitzerin des Ramlerschen Naclilasses mir zur Veröffentlichung anvertraut hat. Ranilers Antworten, „treffliche" Briefe, denen Weifse „sehr viel Belehrung und Vergnügen" verdankte (Selbstbiogr, S. 148), war- ten noch auf den Finder; das auch Ramler gegenüber am 3. Jan. 1774 geleistete Versprechen: „Keine Seele auf Erden darf eine Zeile von Ihnen sehen, imd wenn ich heute sterbe, so ist schon die Veranstaltimg gemacht, dals alle meine Freunde ilu'e Briefe versiegelt und mit ihrer Aufsclu-ift weder in ihre Hände be- kommen" ^vm'de Weüse diu-ch des Freundes früheren Tod zu lösen gehindert, und noch sein Sohn Christian Ernst sagt von den „sämmtlich vom Vater aufbewahrten" Briefen: „sie diü'ften für junge Dichter sehr belehrend sein" (Minor, AfLg. IX, 454). Nur das Konzept der Antwort auf AVeifses Brief vom 18. Ok- tober 1780 hat sich in Ramlcrs Naclilasse gefunden.
Über die eigenen Briefe urteilt Weifse (ebenfalls am 3. Jan. 1774): „Auf meine Briefe können Sie külmlich dm'chgängig das f setzen imd sie zum Feuer verdammen. Ich schreibe äufserst lüderhch und nachlässig und kein einziger verdienet aufbehalten zu werden: die Ursache ist, weil ich aUe meine Briefe unter
Archiv f. n. Sprachen. LXXVII. 1
2 Briefe von Ch. F. Weifse an K. W. Eamler.
einer tumiütiiarisclien Einnahme schreibe, wo ich keine Seite hinwerfen kann, olme 10. Qvittuiigsbücher zn imterscln-eiben und die Einnahme in mein Manual zu tragen. Worzu sollten also diese aufbehalten werden? Sie sind weder imterrichtend noch schön und blofs Naclmchten für meinen Busenfreund." Mit Ramler, der bei der Sichtung seiner Papiere im Jalu'e 1793 die ihm schmeichelnden Briefe fast sämtüch aufbewahrte, werden vnr diese Kritik für zu streng achten : aber einen getreuen Abdruck des vorliegenden Materials verbietet die geschwätzige Breite vieler Briefe, welche, nicht selten mit Weifses „Selbst- biograpliie" (Leipzig 1806) und seinen Briefen an Uz (Morgen- blatt 1840 Nr. 282 bis 301) wörtlich übereinstimmend, clm-ch stetig ^viederkelu'ende Betrachtungen, Klagen und Wünsche er- müden. Vielleicht ist der Spreu zuviel geblieben; aber „eine anscheinend wertlose Kleinigkeit kann einem andern ^\^chtig sein oder durch irgend eine spätere Kunde einmal in einem ungeahn- ten Zusammenhange Bedeutimg erhalten" (E. Schmidt, H. L. AVagner^, p. VI). Was sich füi" Ramler ergiebt, denke ich in einer Monograpliie zu verwerten, die zusammenfassend über seine Korrekturen fremder Sclu"iften handeln wird; zur Kontrolle sind die einsclilagenden Stellen unten unverkürzt wiedergegeben.
Die ausgezogenen Partien sind buchstabengetreu mitgeteilt; nur offenbare Sclu'cibversehen sind stillschweigend gebessert imd die Abküi'zungen aufgelöst. In den Anmerkungen ist manches aus Mangel an Hilfsmitteln imerklärt gebheben; im übrigen aber glaubte ich die Briefe ohne verbindenden Text für sich sprechen lassen zu dürfen.
1. Leipzig. 2. VIII. 62. . . . H. Reich, unser gemeinfechafft- licher Verleger imd Freund, war vor einiger Zeit so indiscret, (so werden Sie es vielleicht nennen, ob ich gleich lieber so gütig sagen möchte,) mir Iliren Brief ' mid in diesem Ihi'en Beifall über meine Amazonen Lieder zu zeigen: wie stolz wurde
' Eamlers Briefe an Ph. E. Reich (1. Dezember 1717 bis 3. Dezember 1787), der, seit 1756 Faktor, seit 1702 Teilhaber der Weidmannschen Buch- handlung, bisher Ramlers „Batteux" (175G bis 1758) und den „Logau'^ (1759) verlegt hatte, sind erst vom .Tahre 1772 an erhalten (im Besitze des Herrn H. Reimer in Berlin).
Briefe von Ch. F. Weifte an K. W. Ramler. 3
ich darauf! wie gefiel ich iiiii- in Ihren liobsprüchcn ? ... Sie erhoben mich so sehr, clais ich niicli gleich hinsezte und neue verfertigte. Jezt sollen sie wieder gedruckt werden: aber Avie? sind diese nicht schlechter, als die ersten, werde ich mich nicht auf einmal, wenn sie es sind, Ihres Beyfalls verlustig machen? meine Empfindung ist mir nicht getreu genug, mir die Wahrheit zu sagen, und niemand kann in seinen eignen Sachen einen so stumpfen Gesclmiack haben, ids ich — Ich \y{]\ mich also lieber an Sie selbst wenden, ich will sie Du'cr Kritilv ganz imterwerfen: streichen Sie weg, was Ihnen milsfällt, oder sagen Sie mir, dafs ich sie ganz wegstreichen soll. Ich habe Muth genug es zu thun, und es ist selbst für meine Eitellveit sclmieicheDialfter, 6 gute, als 12 schlechte Lieder gemacht zu haben. Ein guter Freimd hat es mii- schon ins Ohr gesagt, dafs sie sich nicht ganz gleich seyn mögen. Ihre Entscheidung soll mich bestimmen: ja diese würde mich bestimmen können, dem ganzen poetischen Hand- werke zu entsagen, da ich ohnediefs itzt einen andern Beruf vor mir habe. . . .
2. L. 11. X. 62. ... Der Be^-faU der ganzen kritischen Welt ist mir nicht so Avichtig, als der Dunge, und ein einziger Lob- spruch von Urnen übersteigt alle Belolmungen, die ich von mei- ner Arbeit erwarten könnte. Ich sage Dinen keine Sclmieicheley : Sie sehen den Beweis gedruckt : ohne Ihi' Wort * Mäirde ich kaum die Venvegenheit gehabt haben, die neuen Amazonen Lieder den alten hinzuzuthmi: die Welt, die iimner etwas belsers er- wartet, als ein Autor vorher geschrieben hatte, muTs ihn immer furchtsamer und behutsamer machen: aber wenn ein Kimstrichter, wie Sie sind, das Siegel des Beyfalls daraufgedrückt, so hat man kein Publicmn mehr zu fürchten.
Binnen hier und 8 Tagen hoife ich, Ihnen den zweiten Beytrag ziun Deutschen Theater ^ zu schicken: aber hier zittere ich aufs neue vor Ihr Urtheil : Niemand kann ein elenderer Kunstrichter in seinen eignen Sachen, als ich se\Ti; gleichwohl
1 Vergl. die Nicolai mitgeteilte Stelle aus Ramlers Antwortschreiben bei Minor a. a. O. S. 61 f.
^ Leipzig 1763, enthaltend: Mustapha und Zeaugir, Rosemuude und die Haushälterin.
1*
4 Briefe A'on Ch. F. A\>ii'se au K. W. Bamler.
habe ich eme imseeHge Leichtigkeit zu reimen, bey welcher die Ivi'itische Feile am nöthigsteu zu seyn scheint : . . . O wenn ein Eanmiler meine Muse in Schutz nehmen woUte: wie glück- lich würde ich .seyn: ja, alsdenn wollte ich ilir nicht den Ab- schied geben, . . . Eben kömmt H. Reich zu mir und zeiget mir eine Stelle aus einem Hirer Briefe? kamn habe ich meuien Augen getrauet. Ist es möglich, dafs meine scherzhaiften Lieder Hirer Aufmerksamkeit würdig sind? Das hätte ich wahrhaiftig bey aller Eitelkeit eines Autors kamn vermuthet! mit welchen Verlangen sehe ich Iliren Verbefserungen entgegen! bald werde ich auf meine Arbeiten mit einigem Stolz herabsehen. . . .
3. L. 22. XI. 62. Wenn ich Urnen, Theuerster Freund, noch nicht meine Danksagung für che verbesserten Lieder aus meiner Sammlmig abgestattet habe, so ist es blos deswegen ge- schehen, weü ich Ilinen mit meinem Briefe, meinen neuen Beitrag zum Theater mitzuschicken hoffte: dieser ist schon seit der Messe bis auf 4 Bogen fertig gewesen, und nun felilt es an Papier, das mau nicht mit den ersten Bogen ähnhch finden kann, und itzt erst aus dem Gebürge erwartet: doch vielleicht gewinne ich dabey; denn ich kann Ihnen aufrichtig versichern, dafs ich mich sehr fürchte, einem Kuustrichter, wie Sie sind, damit imter die Augen zu treten. Die Leichtigkeit und Flüchtigkeit, mit der ich arbeite, läfst mich melu' als zu offt fühlen, dafs ich stets einen kritischen Freimd mit seiner Züchtigung von nötheu hätte. Mich lehren es die Verbefserungen, die Sie mit meinen Liedern ge- macht haben, wofür ich Einen ewig danke: Sie werden bey der neuen Auflage derselben finden, dafs ich kühn genug gewesen, nur sie zuzueignen. Itzt wiU ich Ilinen blos auf die Anfrage antwor- ten die Sie an H. Reichen meiner Person und Umstände wegen gethan, und er mir aus Ilireni Briefe vorgelesen. Ich bin bis hieb er, Gottlob! ein sehr glücklicher Mann gewesen: die Vor- sehung hat mir seit einem Jahre eine sehr einträgliche und ruhige Bedienung angewiesen, wo ich immer Zeit und Mufse für meine Lieblingsneigung zu den schönen Wissenschalften übrig behalte: es ist nehmlich die Creyfs-Steuer-Einnahme vom ganzen Leipzi- ger Creyfs: ich verstehe zwar von meinem Amte noch weniger, als nichts, aber mein grölstcs Glück ist, dafs wenn ich treue Leute habe, i(!h auch sogar viel davon zu verstehen nicht brauche:
Briefe von Cli. F. W'ci fse ;iu K. W. Ramler. 5
GoK liat mir hishor Gosundhoit, ein fröhliches und riihigs Herz, und viel Freunde gegeben, die immer mehr für mich, als ich selbst gesorgt haben : was kann man in dieser Welt mehi' wün- schen ? . . .
4. L. 12. I. 63. Ich hoffe, dalis Ilmen mein neuer Beitrag zum Theater richtig ist eingehändiget worden: liier folget noch ein Bläthgen mit Druckfehlern, von denen dieser Band wimmelt: ich bin ein sclilechter Corrcctor, zumal in meinen eignen Arbei- ten : nun verfahren Sie mit aller Strenge eines Kuustrichters ; ich nehme sehr gern Kritik au, und es ist Stolz genug für mich, wenn mich ein Rammler nur seiner Kritik witrdiget: ich Aveiis mehr, als zu gut, dafs die grolse Leichtigkeit, mit der ich ar- beite, mich offt auf AbAvege führet, mid eine Stube voll Bauern, wo ich unter dem Geklängel der neuen 2 % Stücke bey einem Steuer Catastro sitze, ist eben kein süfser Aufenthalt für die Musen.
Welch ein glücklicher Einfall, die besten gesellschaftlichen Lieder zu sammeln und in Musik sezen zu lafsen : ' nur ist zu ^vünschen, dafs die Tonkünstler nicht zu künstlich dabey ver- fahren mögen : wenn sie zum allgemeinem Gebrauche der Ge- sellschaften sollen geschickt seyn, so können sie meinem Bedün- ken nach nicht simpel genug seyn. Ich wünschte, dafs wir ein deutsches Theater für die kleine comische Oper hätten : diefs ist eines der besten Mittel solche scherzhafte Gesänge allgemein zu machen : ich habe, als das Kochische Theater hier war selbst den Versuch gemacht und die Folgen davon gesehen: mit nächsten hoffe ich die Ehre zu haben, Ihnen die neue Ausgabe der scherz- haften Lieder^ zu übersenden, die mit 19 Liedern nach dem Horatz vermehret sind. Sie machen uns die süfse Hoffnung, dafs wir Sie auf künftiges Frülijahr in Leipzig sehen soUen und meine Freude ist darüber unaussprechlich! Ihr Arzt müfse füi'
' Die in Verbindung mit C. G. Krause durch die „Oden mit Melo- dien. Berlin, gedruckt und verlegt bey F. W. Birnstiel" (II. o. J. 175?>. 1755) eröffneten Bestrebungen zur Hebung des deutschen Liedes nahm Ramler in den „Liedern der Deutschen" (Berlin 1767 f.) wieder auf. Vgl. Lindner, Gesch. d. d. Liedes im IS. Jahrh. Hrsg. von Erk. Leipzig 1871. S. 56 ff.
2 Leipzig 1768. Vgl. Minor S. 59 f.
6 Briefe von Ch. F. Weiff-e «n K. W. Ramler.
die Erlaubnifs, die er Ilinen im Voraus gegeben, so schön noch einmal besungen werden, wie ihn sein Rammler schon besungen hat ! ' Ehe ich schliefse, mufs ich Sie noch einen Ilu'cr grölsten Verehrer imd Freunde in Sachsen kennen lernen: diefs ist mein Hagedom, der unlängst die Betrachtungen über die Mahlerey geschrieben hat, ein verehrungswürdiger Mann, der mir in allen Briefen aufs schärfste einprägt, Sie bey allen Gelegenheiten sei- ner gröfsten Hochachtung zu versichera. . . .
5. undat. [April 1763]. Es ist mir sehr unangenehm, dafs Ihnen mein zwe\'ter Beitrag zum Theater noch nicht übergeben worden, da mir Ihr Urtheil wichtiger, als der ganzen kritischen Welt ihres ist: ich habe es gleich, als [es] aus der Prefse kam, an Rüdigern durch meinen Buchhändler unter Rirer Addresse abgeschicket, und es nunmehro auch schon erinnern lassen: ich hoffe, dafs er es doch nun wird abgegeben haben? Da haben Sie die neue Ausgabe meiner scherzhafFten Lieder! werden Sie nicht Ursache haben auf die Eilfertigkeit, mit der ich meine AVerkchen der Welt vorlege, zu schmählcn ? . . . Ich bin mit dem Horatz sehr venvegen umgegangen, und habe ihm oft Gedanken angedichtet, die er nicht gehabt : deswegen aber wollte ich sie auch lieber Nachahmungen, als Übersetzungen genannt wdssen: Sie allein haben das Recht uns den Horatz in aller seiner Schön- heit kennen zu lehren, da sein ganzer Geist auf Ihnen ruhet, denn Ihre Oden — doch ich will nichts sagen, was nur den geringsten Schein eines Comphments haben möchte.
Ja, mein bester Freund, der goldne Friede ist wieder da, und wollte der Himmel, er hätte Ilinen die Gesundheit, so yvie der Welt die Ruhe mitgebracht. In Ansehung meiner, fürchte ich, dals ich nunmehr meine Laute werde an die Weide hängen müfsen: meine Anitsgeschäfte häufen sich täghch, und zum Unglück verstehe ich noch so wenig dar\-on, dafs mir die theore- tische Erkänntnifs schon einen grofsen Theil der Zeit raubet: meine Muse stellet sich z^var ein wenig ungebärdig darüber an, aber die Steuer- Ca tastra sind so fürchterhche Dinge, dafs sie
1 ,Ode an seinen Arzt [Jeschke]. Berlin, den 24 Jenner 1762." (2 Bll.) 4".
Briefe von Cli. F. Weifse an K. W. Kamler. 7
schon so ein blödes Mädclion vorschciirlion werden: vor etlichen Wochen gab sie mir unter einen grolsen Schwärm geschwäziger Banern ein, ein Tranerspiel in engl. Versen* ohne Reime zu ver- fertigen, die Feder sezte an, und lief ab, wie ein Uhrwerk: was kann man sich von solchen fieberhaften Anfällen Gutes ver- sprechen, Avo der Kopf mit dem Einmal-eins zu thnn hat, und die Hand Verse schreibt? ...
6. L. 24. XII. 63. In Wahrheit: Sie wifsen die rechten Kunstgriffe, einen aufs neue zum Autor zumachen : Sic machen einem weils, dafs man nur darimi desto länger leben müfse, weil man schreibt, und führen eine ganze Reihe der gültigsten Bey- spiele an. Vielleicht habe ich aber zum Unglück der "wizigen Welt niemals mehr Lust zu leben gehabt, als ietzt: Sie haben also die ganze Verantwortimg meiner künftigen Autorschaft auf sich: und sehen Sie, mein bester Rammler! schon sitze ich am Schreibepult und meine Feder ^ird gangbar: da ist der erste Aufzug von einem Trauerspiel fertig! und Sie müfsen ihn auch sehen, da hilft nichts davor: Das ist die Strafe für Ihre Auf- munterung: doch glauben Sie nicht, dafs ich auch so. imver- schämt bin, darüber im Kleinen eine Ki'itik von Ihnen zu fo- dern: nein, Sie können Lire Zeit tausendmal befser anwenden, so sehr ich auch wünschte von Bmen gezüchtiget zu werden: Sie sollen mir nur sagen, ob Ilinen der Ton und die Versart darinnen gefällt? mid ob ich sie vollends fertig machen soll: ich bin zwar schon bis an den 4ten Aufzug fertig ; allein ich habe Muth genug auch 5 Akte wegzustreichen: ich bin mit mei- nem Atreus imd Thyest einen ganz neuen AVeg gegangen, und habe da angefangen, wo meine tragischen Vorgänger aufgehört haben: die beigelegte Fabel aus dem Hygin hat mir darzu Anlas gegeben mid ich glaube, sie kann schreckhch genug wer- den, wenn mich der Geist des Seneca regieren will: ich habe in eben der Versart schon ein Trauerspiel die Befreyung von Theben fertig, und wünschte mir nur eine rammlerische Feile : denn die Meinige ist etwas stumpf. . . . Von Paris habe
1 „Die Befreiung von Theben", zuerst gedruckt 1764; die Zeit der Entstehung ist hierdurch, wie für ^Atreus und Thyest" durch den fol- genden Brief festgestellt. (Vgl. Mmor S. 225. 230.)
8 Briefe von Ch. F. Weifse an K. W. Eamler.
ich Briefe, dafs diesen Monat unsers Lefsings Mifs-Sarah zu St. Germain von einigen Vornehmen des Hofs auf geführet "wird: wenn ihm etwas daran gelegen ist, so kann er sich l)ey mir be- danken: ich gab sie als ich daselbst mich aufhielt dem Hn. Tru- daines de Montigny, dieser hat sie mit Hülfe des Hn. Hubers, meines sehr vertrauten Freundes übersezt und sie wird nächstens in einer Samlung übersezter bürgerl. Trauerspiele von Diderot erscheinen, der zugl. eine Abhandlung über diese Art von Drama beyfügen wird. * Sagen Sie mir in aller Welt, was aus der Karschin Gedichten wird? ich bin mit den H. Unternelmiern sehr übel zufrieden: meine Freunde in Paris haben auf mein Anregen auf 18 grofse Exempl. subscribirt und durch mich an Hn. Bachman 252 Livr. bezahlen laisen: ich habe nicht nur weder ein Exempl. noch erhalten, sondern sie haben meinen Freunden nicht einmal die Ehre angethan, sie in der Subscriptions Ijiste zu nennen : ich bin sehr in Willens, so bald H. Bachmann aus Holland wieder zurücke kömmt, mir. das Geld wieder geben zu lafsen ; denn ich habe nicht in Willens, in den Verdacht zu kommen, als ob ich das Geld untergeschlagen hätte: überhaupt finde ich H. Gleims hohe Ankündigung, dal's diese Dichterin alle Alte und Neuere Dichter übertreffen solle, viel zu übertrie- ben : Vielleicht auch Sie, mein bester Freund ? . . .
7. L. 6. H. 64. Was für eine entsezliche Sache, werden Sie bey diesem Packete ausrufen, einen Autor zum Freunde zu haben ! . . . Warum haben Sie mir aber nicht den ersten Ackt meines Trauerspielgens gleich von einem Ende bis zum andern durchstrichen wieder zm"ücke geschickt? diels war das beste Mittel mir die Feder aus der Hand zu scUagen : . . . Ich will
1 Vgl. den „Auszug eines Schreibens aus Paris" in der „AI lg. d. Bibl. Bd. I, St. 2. [1765] S. 308 f., worin es u. a. heifst: „Herrn Lefsings Mifs Sarah Sampson ist am Ende des Jahres 1764 zu St. Germain, bey dem Herzoge von Noailles, vor dem Herzoge von Choiseul, und den vornehmsten Herren und Damen vom Hofe mit dem gröfsten Bey- falle auf geführet worden. Herr Trüdame von Montigny (königl. Finanzaufseher, ein grofser Liebhaber der deutschen Litteratur) hatte darinn einige kleine Veränderungen gemacht; allein Herr Diderot wird das Stück ganz herausgeben, und zwar mit dem engländischen Spieler Iv. Moore] und dem Kaufmann zu London [v. Lillo]. Vermuthlich wird er auch Anmerkungen über die Natur dieser drey Stücke hinzuthun."
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nichts mehr, als die Versiehening; hinzusetzen, clafs ich jedes Urtheil mit Dank erkennen werde, auch wenn Sie mir in ein paar Worten sagen, dals das Stück unter aller Kritik ist; ich affectire keine stolze Denuith : es ist ein Avahres Milstrauen für die allzugroüse Leichtigkeit mit der ich arbeite, und von der ich eben nicht glaube, dals es allezeit ein Zeichen des Genies ist. Richter, -vne Sie sind, mülsen es entscheiden, und Ihre Ent- scheidung soll mir auch das Maas seyn, nach dem ich den Werth meiner Arbeit abmefsen werde. . . .
8. L. 23. Y. 64. . . . [Ich] will den Winken, die Sie mir geben, treulich zu folgen suchen. Ich \v\)l nicht mehr solche erschreckliche Sujets zu wälilen suchen, die mehr ein zärtliches Herz auf die Folter bringen als durch die sanften Empfindungen der Menschenliebe und des Mtleids rühren und zu sülsen Thrä- nen auifodem: ich A\nU mich hüten, die poetische Sprache zu sehr zu erhöhen, und die rührenden Griechen weniger aus den Augen zu lafsen suchen. In der That mag mich bev diesem Stücke der Atreus des Seneca wohl ein wenig verführet haben: ich las ihn zuvor und fieng mit einer erhiezten Einbildungskraft mein Werkchen an. Was Sie mir theuerster Freund, in An- sehung des Sylbenmalses gesagt haben, auch diefs soll meine Aufmerksamkeit verdoppeln, da ich bisher diesem Theile der Poesie wenig nachgedacht habe: ich kann meine natürliche Flüchtigkeit noch nicht darzu gewöhnen, die gar zu gern lieber über die Hindernisse hinwegzuhüpfen, als sie aus dem Wege zu räumen suchet. . . . Um die angezeigte Tragödie des Pelcf/rfn werde ich nach Paris schreiben, um sie mit meiner vergleichen zu können: ich habe es nicht gewulst, sonst hätte ichs vorher gethan. Wie vortrefflich ist Ilu-e Ode an H}Tnen!' und diese, sagen Sie, soll mir gelten? So gern ich sonst Ihren AVorten glaube, so habe ich doch immer einen kleinen Zweifel, weil ich eines solchen Geschenks nicht wirdig bin: O möchte Sie doch H}Tnen selbst für diesen schönen Gesang belolmen! er nur kann
' Die „Ode an Hymen | Dem | Herrn Ludewig von Gask | an | Seinem VermäMungsfeste i mit | Madame Eosina von Lisiewsky, I verwittweten Matthieu, | zugeeignet | von | G. K. E. W. L. R. | Berlin ITeo." (2 Bll. 4'\) tischte Ramler nochmals als „Ode | an Hymen. | Berlin, 1763." (4 Bll. 4°.)
10 Briefe von Ch. F. Weiff^e au K. W. Ramler.
und nnils es thun. . . . Ich komme wieder auf Dire Oden; werden Sie denn diese Horazische Gesänge, auf die unser Vaterland so stolz sevu kann, nicht einmal zusammen herausgeben? Sie müs- sen schon einen anselmhchen Vorrath haben: warmii wollen Sie der Welt ein solches Geschenk vorenthalten? Führte mich der Himmel einmal an Hir Schreibepult, so würde ich einen Raub begehen, und wenn auch eine Inquisition darauf erfolgen sollte. Wir übrigen Poeten sind nicht so bescheiden und gewissenhafft, wie Sie: und auch Ilire Strenge wird uns nicht bescheidner machen. . . .
Ich habe vor ein paar Tagen, da ich auf dem Laude war, einen kleinen Versuch gemacht, ob die Muse scherzhafter Ge- sänge ganz von mir gewichen wäre: sie war nur zu ^^^llig, Avenn ich aus der Geschwindigkeit, mit der ich sie auf beyliegendes Papier fand [!], airf ihre Gegenwart schUelsen darf : sie sind aljer noch ganz roh.
9. L. 9. ATII. 64. Ich habe aus einem Briefe, den Sie an Hn. Reichen geschrieben, den Beifall, mit dem Sie die Wil- helmine beehret,* mit vielem Vergnügen gesehen. Ich habe sie zum Drucke befördert, weil ich geglaubet, dafs der Verf. Auf- munterimg verdienet. H. Reich hat ihn selbst nicht gekannt, und nur auf Ihr Verlangen habe ich es ihm offenbaret. Es ist der Herr von Thümel, Hof mid Caimiierjunker beym Erbprinzen
mit einer Anderimg (V. 23 ^Leukons" für .iGaskens") zu Weifses Ver- mählung am 6. Juni 1763 auf. Vgl. Miuor S. 43 f.
1 Eamler Avar ein begeisterter Lobredner von Thümmels „Wilhelmine", die hoffentlich bald den verdienten Neudruck erfährt. Vgl. Lessing (Hempel) XX, I, 232. An Gleim schreibt R. (26. VI. 64, ungedr.): „Wa.s sagen Sie von der Wilhelmine ? Ist sie nicht des besten Kopfes würdig ? Wem schreiben Sie solche zu? Wer könte sie anders gemacht haben als Gesner, Zachariä, Dusch, Gleim, Götz, Uz, WeiTse, Rost? Wählen Sie unter diesen Namen. Ich wähle den letzten." Gleim antwortet (19. VII. 64): „Die Wilhelmine gab Herr Bachmann mir zu Leipzig zu lesen. So weit, als bis ich sehr platte Stellen fand, hielt ich Herrn Weifs für den Verfasser — Weiter hin kont ich ihn ' nicht mehr dafür halten, und ich hörte auch, dafs ein Gothaischer Cammerjunker dessen Nähme mir entfallen ist, der Verfafser sey. Aus dem Entfallen des Nahmens wird mein Ramler den Grad des Beyfalls, den ich der AVilhelmine damals gab, so gleich schliefsen. Aber in der That, nun bin ich mifstrauisch
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im [!] Coburg, ein sehr vertrauter und lieber Freund von mir, der hier in Leipzig mein Schatten war: Ich verspreche mir von seinem Witze noch vieles: er hat das edelste Herz, und ich kenne keinen naifern Charakter in der Welt. Ich habe eine groise Menge Sinngedichte von ihm, die gröfstentheils des Druckes werth wären, ich will ihn aber nicht übereilen und noch Zeit ziu" Reife lalsen. Wie stolz wird er nicht seyn, wenn ich Ihm etwas von Ihren Lobsprüchen sage, eben so stolz, als es Ihr W^eifse auf Ihre Freundschaft und auf Ihren Beifall ist. . . . Ich Avundere mich, dai's Sie noch nicht meinen 3ten Theil des Beitrags' erhalten haben. Er ist schon am 13. Jul. in einem Packet an Hn. Nicolai für Sie abgegangen. . . .
Wer ist denn der Verf. der freundschaftlichen Gedichte eines Soldaten ?2 Wenn Ihnen, wie ich vermuthe, der Verf. be- kannt ist, so versichern Sie ihn meiner Hochachtung: es hat mich derselbe mit einem Exemplar beschenket, und ich finde so viel Gutes darinnen, dafs er meinen aufrichtigsten Dank ver-
gegen mich selbst, nun Ramler von Wilhelminen fragt: Ist sie nicht des besten Kopfes würdig? Gleich will ich sie nun noch einmahl lesen, und sehen, ob ich die Stellen noch finde, die mir so aufserordentlich schlecht vorkamen." Doch blieb er bei seinem verwerfenden Urteil und schrieb an Uz (8. XII. 64 — nach Herrn Prof. Sauers gütiger Mitteilung) : ^Auch in unsern Gegenden ist völliger Mifswachs an witzigen Schriften in die- sem Jahre gewesen. Herr Ramler rühmte mir eine Wilhelm ine so sehr, dafs ich sie mit der reitenden Post von Leipzig kommen liefs; er sagte zum fünften mahl hätte er sie gele.sen, und nannte sie ein Meister- stück, ich konte mich nicht überwinden sie zum zweyten mahl zu lesen! Eine altägliche Geschichte in gemeiner poetischer Prosa! oft die Sprache und der Spott der Ungezogenheit und des Leichtsinns! Wie konte von einem Ramler diese Wllhelmine so schön gefunden werden?" — worauf Uz erwidert (30. I. 65) : „Ich gestehe, dafs ich die Wilhelraine ebenfalls mit grofsem Vergnügen gelesen, und viel Witz und Erfindung darin anzutreffen vermeine. Aber für ein Meisterstück kann ich es, mit HE. Rammlern nicht halten."
' Leipzig 1764, enthaltend den Krispus, die Befreiung von Theben und den Mifstrauischen.
2 „Freundschaftliche Poesieen eines Soldaten. Berlin und Leipzig, bey F. W. Birnstiel." 8. o. J. [176.S] von .lohann Georg Scheffner [fehlt bei Goedeke II, 587, cf. Maltzahn, Bücherschatz III, 509]. Vgl. jetzt besonders Krause, Friedrich d. Gr. u. d. d. Poesie. Halle 1884.
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dienet: ich werde im 1*®" Th. des 12'^" B. der Bibl. dessen Erwähnung thun.
10. L. 10. X. 64, . . . Ich habe also noch von Dmen eine Kritik über meinen lezten Beitrag zum Theater zugewarten? Das ist in der That eine Wohlthat, für die ich Ihnen niemals genug werde danken können: ich werde sie allezeit, wenn der- selbe anders eine zwote Auflage erleben sollte, alsdenn nützen können, da ich inuiier die erste Ausgabe als mein Exercitien Buch ansehen mul's, in welcher ich die Züchtigung der witzigen Welt zum Lehrmeister annehme: aber \\ie viel sind auch in der- selben, die mir bisher diesen Dienst haben leisten wollen? ich kenne noch über keines [!] meiner Theatralischen Versuche eine öffentliche Kritik, worinnen man mu' gesagt hätte, ob ich diese Laufbahn hätte betreten sollen, oder nicht: vielleicht zwingen mich meine überhäuften Amtsgeschäfte, sie ohnediels bald ganz aufzugeben, imd füi* den Sophokles, den wohlerfahrenen Rechen- knecht in die Hand zu nehmen. L^nsere verwittwete Chm-fürstin, die sich der deutschen Musen annehmen will, wird aufs künftige Jahr einen Prelis von einer goldnen Schaumünze mit ilu-em Bild- nifse auf das beste Trauerspiel aussetzen, und diels soll alsdenn mit einer guten Komödie wechseln: sie verlangt Vorschläge, väe man eine recht gute deutsche Schauspielergesellschaft errichten möchte, und verspricht, dais es an keinem Vorschub fehlen solle: ich sehe aber immer noch so xiel Sch^viirigkeiten, dafs ich glaube, es 's\ärd bey dem guten Vorsatze bleiben. Ihre Idylle^ ist un- vergleiclilich : warum lafsen Sie, liebster Freund, nicht einmal eine Sammlung Eirer vortreifKcheu Poesien zusammen drucken? ich denke allezeit mit einer demüthigenden Beschämung dran, dafs Sie so zurücldialten und wir kleinen Geister immer um den Pamafs umher schwärmen, . . .
11, L. 7. V. 65. , , , Was für ein vortreffliches Gedichte ist die Wahrsagung des Glaucus ! ^ w'emi es nicht der Sclnneicheley
1 „Der May. Eine musicalische Idylle. Berlin 1758." ['2 Bll.] 1" wurde 1764 mit einigen Änderungen neu aufgelegt.
■^ „Glaukus Wahrsagung. Als die Französische Flotte aus dem Hafen von Brest nach Amerika segelte, [vign.] Berlin, 176-5. Bei Christian Friedrich Vofs." [6 Bll.] 4o-
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zu älmlich sähe, so würde ich ganze Bogen voll Ix)bsprüche darüber schreiben. Ich kenne keinen Dichter unter allen neuem europäischen Dichtern, auf dem der Geist des Horatz so vielfach ruliet: iemelir mau sie hest, desto melir entdeckt man Schön- heiten, und man liest sie zAvanzigmal, ohne sie noch alle ent- deckt zu haben. AVenigstcnis geht es mir so, dafs ich immer wieder von foru anfange, wenn ich eine Ode von Ihnen lese, und niemals fertig zu seyn glaube, wenn ich sie auch schon wieder geendiget habe. Ich habe schon die ganze vorige Woche auf unsern Lessing gehoff't, aber vergebens: numiiehr fange ich beynahe an das Gegentheil zu glauben: was wollte ich nicht drum geben, wenn ich ilin iu Leipzig behalten könnte! er ist der erste witzige Freimd, den ich erwarb, als ich hieher kämm, und viel- leicht hätten die Früchte meiner jugendlichen INIuse etwas mehr Reife erlangt, weim er mit hätte beschneiden helfen; so bald er ^neder den Cothuru ergreift, so werde ich die Bescheidenheit haben, ihm denselbigen ganz zu überlafsen: denn so verwegen bm ich nicht, mich mit ihm zu messen: auch häufen sich meine öif entlichen und häulslichen Geschäfte täghch. Meine kleine Frau hat mich vor imgefähr Vi^el Jaln-e zu einem glücklichen Vater von einem artigen Mädchen gemacht, und ein Junggeselle kann sich schwerHch vorstellen, was dieser Posten für Geschäfte erfordert: ein Wiegenliedcheu macht mich letzt aufmerksamer, als ein Heldengedichte : ich bin schon so weit in die Verstockung gerathen, dafs ich den sie(fe de Calais ^ nm- bis zur Hälfte ge- lesen: der Brief der Bürgerschaft von Calais an Hn. BeUoy hat mir noch zur Zeit am besten gefallen. Lel'sing mag noch zelm Samson imd Philotas machen, ich weils gewüs, dafs keine Stadt in Deutschland ihm das Bürgerrecht in einer goldnen Capsel überschickt. Die Franzosen müssen freylich eine grofse Freude haben, wenn sie dm'ch einen Dichter erfahren, dafs sie tapfrer sind, als sie vielleicht kaum geglaubt hätten. Ich hatte schon vor 6. Jahren, als ich den Bapin las, den Einfall aus der Ge- schichte der 6. Bürger von Calais ein Trauerspiel zu machen, und blos die Tapferkeit der Franzosen sclu'eckte mich ab, da
1 Pierre Laurent Buirette de Belloy (1727—1775) „Le sifege de Calais" 1765.
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ich nicht Lust hatte, mich in die Satyre zu wagen. Sie wollen was neues von mir lesen, mein bester Freimd? schHmm genug, dal's ich so ein Mann geworden bin, der keine Messe schuldig bleibt! hier haben Sie aber die neue Auflage von meinem ersten Bei- trage zum Theater, weil es nicht anders ist: in Zukunft fodern Sie nichts mehr, wenn Sie nicht ^ninschen wollen, Eir Wort zu- rückzunehmen. . . .
. . . Da ich diesen Brief schhefse, höre ich dafs miser Lessing hier ist.
12. L. 29. Vm. 65. Wenn ich Ilmen sagen sollte, mein liebster, bester Freund, wie vergnügt ich über den Beifall bin, den Sie den Verbelserungeu meiner beyden ersten Tragödien gegeben, so ^vürden Sie mich für ein sein* eitles und stolzes Ge- schöpf halten: aber das Lob eines Rammlers gilt mir auch mehr, als wenn mir ein grofses Parterr aus allen Hauptstädten in Deutschland zusammen gesezt applaudirte. Der Un^ville, dafs kein Mensch nach Cronegks u. Brawes Tode um den von den damahgen Verfalsem der Bibl. ausgesezten Preis arbeiten wollte, hat mich zuerst zum tragischen Dichter gemacht, imd diefs ist eine Muse, die eben keinen Platz auf dem Parnafse verdienet : Ehre genug für sie, dafs Sie ihr noch einen einräumen wollen! Die Hauishälterin ist lang: aber bey der Vorstellung, (wie ich sie denn zweimal auf dem Kochischen Theater gesehen habe,) dauert sie wegen der geschwinden Aussprache, nicht über dritte- halb Stimden: ich habe es schon versucht sie kikzer zu machen, aber aufser etlichen Reden im Dialog läfst sich, ohne der Fabel Eintrag zu thim, wenig abnehmen. Es ist traurig, dafs man ohne ein gutes Theater arbeiten mufs, zimial, wenn man keinen kritischen Freund um und neben sich hat, der uns mit seiner Feile das Ungeschickte abnehmen hilft. Die kleinen Liederchen werden mir gar nicht schwer, und ich glaube, dafs ich ihrer zehmnal so viel verlohren, oder nicht aufgeschrieben habe, als bereits gedruckt sind : ich habe leztens dem Kapellmeister Scheibe, der mich dai'um ersuchte, ein paar Duzend kleine morahsche zum Singen für Kinder gemacht. * Der H. v. Thünmiel, dem ich von Ihrer Zufriedenheit über seine Wilhelmine Nachricht ge-
> Cf. Minor S. G9.
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geben, ist darülxT ganz aufser sich vor Freuden. Er läfst Sie, Liebster Freund, durch mich aufs gehorsamste l)itten, mir zu sagen, was darinnen noch geändert zu werden verdiene, weil H. Reich eine neue Ausgabe vcranstaUcn will : er hat mich un- längst von Salfeld aus auf 8 Tage besucht, die i(;h sehr ver- gnügt mit ilmi zugebracht. Lustig genug ists, dal's ihn das Glück nunmehr selbst zum Hofmarschall gemacht hat, und man ihn nun für den Gegenstand seiner eignen Spötterei halten kann : er schicket sich so wenig zum Hofmanne, als ich mich zum Kreylseinnehmer geschickt hal)e. H. Gleim scheint bisweilen sehr strenge in seinen Urtheilen gegen andere zu seyn. Ich weifs, dals er im Anfange mit meinen Amazonen-Liedern höchst unzufi'ieden war: vermuthL weil er glaubte, dals ich seine Kriegs- lieder kopiren wollen, wie mir auch die Verf. der Br. übers Neuste Schuld gegeben ;^ aber ich habe das Grablied auf einen in der Sclilacht gebliebenen Helden gemacht, und unser Lessing hat es mir kritisiret, ehe an den lezten Ki'ieg gedacht war: vmd Ebert hat zur Nachahnumg des englischen Liedchens auf die Chevy-Chace ein Kriegslied eines alten Deutschen in die Samml. vermischter Schriften von den Verf. der Bremsch. Beiträge ein- di-ucken lafsen, ehe wir alle beyde den Einfall gehabt haben. ^ Die Streitigkeit mit Ilmen, mein Werthester Freund, hat ihm bey jedem uupartheyischen Richter w^enig Ehre gemacht, und ein despotisches Wesen schicket sich für einen friedliebenden Dichter am wenigsten. . . .
13. L. 14. X. 65. Sie haben mir das angenehmste Mefs- geschenke diu-ch Ihi- vortreffliches Lied und Bire eben so schöne Kantate ^ gemacht. . . . Ich wünschte wohl gehöret zu haben, wie der Tonkünstler die ungewohnten