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Kia
F TORONTO
eSermonss Selections, 1914,
Die Exempla aus den Sermones feriales et communes des Jakob von Vitry
Presented to the LIBRARY of the UNIVERSITY OF TORONTO
by
Addietion Research Foundation Library
Sammlung mittellateinischer Texte
herausgegeben von
Alfons Hilka
9
DIE EXEMPLA
aus den Sermones feriales et communes
JAKOB VON VITRY
von
Joseph Greven
Heidelberg 1914 Carl Winter's Universitätsbuchhandlung
Verlags-Nr. 1106.
Ex Libris EMI
Who has donated it to:
THE ONTARIO ALCOHOLISM
Sammlung mittellateinischer Yale:
herausgegeben von
Alfons Hilka
9.
DIE EXEMPLA
aus den Sermones feriales et communes
JAKOB VON VITRY
herausgegeben
von
Joseph Greven
Heidelberg 1914 Carl Winter’'s Universitätsbuchhandlung
Verlags-Nr. 1106.
Vorwort
Bereits vor drei Jahren hat der Herausgeber der „Sammlung mittellateinischer Texte‘, Dr. Alfons Hilka, mitgeteilt, daß eine Ausgabe der Exempel des Jakob von Vitry in Aussicht genommen sei. Bei dieser Ankündigung war in erster Linie an eine Neuaus- gabe der Exempel aus Jakobs Sermones vulgares gedacht worden; doch sollte bei den Vorarbeiten auch auf etwaige bisher unbekannt gebliebene Exempel Jakobs gefahndet werden. Daß es solche noch ungedruckte Exempel gibt, beweist das vorliegende Heft: es bietet in den Exempeln aus Jakobs Sermones feriales et com- munes neue Proben mittelalterlicher Erzählungskunst und wird manchem überraschend kommen.
Während der Drucklegung hat sich nun herausgestellt, daß gleichzeitig eine andere Ausgabe derselben Textstücke vorbereitet wurde, nämlich in der Arbeit von Dr. Goswin Frenken: Die Exempla des Jakob von Vitry (Quellen und Untersuchungen zur mittellateinischen Philologie, begründet von Ludwig Traube, herausgegeben von Paul Lehmann, VI1). Dieses Zusammentreffen hätte sich im Hinblick auf die erwähnte Ankündigung gewiß vermeiden lassen. Nachdem aber nun einmal beide Ausgaben ganz unabhängig voneinander vorbereitet und bereits vollständig gesetzt worden waren, konnte es sich nur noch darum handeln, aus diesem Zusammentreffen für die Benutzer der Texte Vorteil zu gewinnen. Herr Dr. Goswin Frenken war so freundlich, meinen Vorschlag, die Korrekturbogen auszutauschen, anzu- nehmen und damit eine wohl selten vorkommende Probe auf die Richtigkeit der gebotenen Texte zu ermöglichen. Der Unter- schied, den beide Ausgaben hinsichtlich der Nummerierung der einzelnen Stücke aufweisen, konnte durch eine Gegenüberstellung (unten S. XIV) ausgeglichen werden. Herrn Dr. Frenken sage ich für sein Entgegenkommen meinen besten Dank. Über die be- sonderen Grundsätze, die bei der vorliegenden Ausgabe befolgt worden sind, sagt die Einleitung das Notwendige.
BASN JENE
Den Verwaltungen der Königlichen Bibliothek in Brüssel, der Universitätsbibliothek in Lüttich und der Stadtbibliothek in Brügge spreche ich meinen ergebenen Dank dafür aus, daß sie es mir durch Übersendung der Handschriften ermöglicht haben, die vorliegende Ausgabe in Brüssel und Köln vorzubereiten.
Eine neue Ausgabe der Exempla aus Jakobs Sermones vulgares hoffe ich bald vorlegen zu können.
Brühl bei Köln, im Mai 1914. Dr. Joseph Greven, _
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Inhaltsverzeichnis
Seite N ee ee III a ea vl
(Die Sermones feriales et communes S. VII; ihre hand- schriftliche Überlieferung S. VIII; ihr Name $.X; ihr Inhalt S. XI; die Exempla dieser Sermones S. XI; Bemerkungen zu dieser Ausgabe S. XIII.) nsichnis der Exempla . ..... 2.22.0006 XV Text: Prolog und Exempla der Sermones feriales et communes 1—63
Rune: . 2. 0er 64 TORBOIchnNis . : 2.2. ee inne 66
RE VERERROHIELE 69
Einleitung
Unter den Erzählern des lateinischen Mittelalters steht Jakob von Vitry, der Kardinalbischof von Tusculum (f 1240), obenan.
Als vor fünfundzwanzig Jahren zahlreiche Proben seiner Kunst bekannt wurden, gewann man in ihnen eine ergiebige Quelle für die Kulturgeschichte des Mittelalters und nützlichen Stoff für die vergleichende Literaturforschung. Die Herausgeber von damals, Kardinal Johannes Baptist Pitra! und Thomas Frederick Crane?, hatten diese Erzählungen ausgehoben aus Jakobs Predigten an die verschiedenen Stände der christlichen Gesell- schaft, den Sermones vulgares. Daß auch andere Predigten dieses Mannes erzählende Stücke enthalten könnten, vermutete nie- mand; ja, als Crane in einer handschriftlichen Exempelsammlung der Nationalbibliothek zu Paris® Erzählungen unter Jakobs Namen fand, die in den Sermones vulgares fehlten, schloß er sie als unechte Stücke von seiner Veröffentlichung aus®,
Bei einer Durchsicht der ungedruckten Predigten des Jakob von Vitry begegneten mir nun mehrere der von Crane verworfenen Exempel in einer fast vergessenen Predigtgruppe des Jakob von Vitry, nämlich in den durch vier belgische Handschriften über- lieferten Sermones feriales et communes. Diese Predigten hat Jakob von Vitry, wie auch die übrigen, in seiner Kardinalszeit (1229 bis 1240) niedergeschrieben. Die sicher früheren Sermones vulgares sind nämlich nach 1226 entstanden’. Von allen Predigten Jakobs
ı Analecta Novissima Spicilegii Solesmensis, altera continuatio II (Tusculana). Parisiis 1888, S. 443—461.
2 The Exempla or illustrative stories from the Sermones vulgares of Jacques de Vitry (Publications of the Folk-Lore Society XXV]). London 1890.
3 Latein. Hs. Nr. 18134.
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5 Das läßt sich erschließen aus einer Predigt an Franziskaner, in welcher der Tod des hl. Franziskus erwähnt wird (Jacobi Vitria- censis sermones duo ad Fratres Minores ed. Hilarinus Felder [Spieci- legium Franeiscanum V]. Romae 1903, S. 35.
— VI —
sind die Sermones feriales et communes am wenigsten beachtet worden. Nur hier und da, so bei Foppens!, Daunou?, Lecoy de la Marche?, Pitra®, Crane’, tauchen sie, auch unter dem Namen „Predigten über das Sechstagewerk“, flüchtig auf; die jüngste, dem Leben und den Werken Jakobs gewidmete Schrift erwähnt sie nicht einmal. Daß man sie so sehr übersehen hat, ist freilich nicht ohne Grund. In der Vorrede zu seiner Predigtsammlung hatte Jakob die Sermones vulgares als abschließende Reihe an- gekündigt”. Erst nachträglich hat er noch eine weitere Folge zusammengestellt: die Sermones feriales et communes.
Sie sind in folgenden vier Handschriften überliefert:
1. L= Handschrift Nr. 415 der Universitätsbibliothek in Lüttich®.
2. B 1 = Handschrift Nr. 1122—1124 der Königlichen Bi- bliothek in Brüssel?, fol. 1r—80r.,
3. B 2 = Handschrift Nr. 9682—9699 der Königlichen Bi- bliothek in Brüssel", fol. 1-—103r.
4. Br= Handschrift Nr. 268 der Stadtbibliothek inBrügget", fol. 57-—136r.
L ist eine Handschrift von 153 Pergament- und Papierblättern von Folioformat in schadhaftem Ledereinband; jede Seite mit zwei Spalten einer breiten und deutlichen Schrift, die auf das vierzehnte Jahrhundert weist. Eine Bemerkung auf der Rück- seite von Blatt 1 besagt über Inhalt und Besitzer der Handschrift:
In hoc libro habentur sermones cotidiani magistri Jacobi de Vitriaco. Et pertinet fratribus sancte Crucis de Claro loco extra muros opidi Huyensis Leodiensis dyocesis.
ı Bibliotheca Belgica I Bruxellis 1739, S. 543. 2 Histoire litt6raire de la France XVIII Paris 1835, S. 220. 3 La chaire frangaise au moyen äge?. Paris 1886, S. 514. 2. 4..0:. 8, XXL 5a.a. 0. S.XLVI. A $ Philipp Funk, Jakob von Vitry, Leben und Werke. Dkipzig 1909; vgl. nur S. 79, 80. \ ? Crane a. a. 0. $.XXXIX Anm. 8 Calalogue des manuscrits de la bibliothöque de l’Universite. Liege 1875, S. 247. ®» J. Van den Gheyn, Catalogue des manuscrits de la biblio- thöque royale de Belgique, tome III Bruxelles 1903, Nr. 1929 (S. 200). 1 Ebenda Nr. 1932 (S. 201—203). ı P, J. Laude, Catalogue des manuscrits de la bibliothöque publique de Bruges. Bruges 1859, S. 242, 243.
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‘ Die Handschrift gehörte also dem Kreuzherrenkloster Clair-lieu bei Huy, dem Stammkloster des 1214 entstandenen belgischen Zweiges der Kreuzherren. Eine Angabe über die Zeit der Niederschrift fehlt leider. Auf der Innenseite des vorderen Buchdeckels klebt eine Urkunde vom Jahre 1441.
Die beiden Brüsseler Handschriften, Bi und B2, sind von J. van den Gheyn! genügend beschrieben worden. B 1 ist am 28. Februar 1450 abgeschlossen worden und gehörte dem Kreuz- herrenkloster in Namur?. B 2 ist vollendet am 19. November 1457 und war Eigentum der Karthäuser in Lüttich. Diese Handschrift enthält auf fol. 104 ein unvollständiges Verzeichnis der in den ‚Sermones enthaltenen Exempel. Ein auf den Text aller Exempel sich erstreckender Vergleich, den ich zwischen B 1 und B 2 an- gestellt habe, läßt mir als gewiß erscheinen, daß B 2 unmittelbar aus B 1 abgeschrieben ist. Die Übereinstimmung ist nahezu voll- kommen; in den Wörtern volgares, volpes, volpecula, volnera, Lombardia, wie B 1 sie bietet, hat B 2 das o stets in u gebessert. Sonst hat B 2 gegenüber B 1 nichts Eigenes, vielmehr nur kleine Lücken. Vergleicht man den Text der beiden Brüsseler Hand- schriften mit L, so zeigt sich, daß L den Vorzug verdient. Be- merkenswert ist vor allem, daß L in Exempel Nr. 7 einige Zeilen aufweist (fertur — Et), diein B1 fehlen, aber in B2 auf dem Rande nachgetragen sind.
Die Handschrift in Brügge gehört zu einem Sammelbande, der drei Schriften von verschiedenen Händen enthält: fol. 1" bis 567: Speculum sacerdotum seu sermones varii ad sacerdotes; fol. 57°—136": Sermones feriales et communes; fol. 137’"—151!: eine aszetische Schrift in fünf Büchern, von denen aber das erste Buch fehlt. Die Handschrift besteht ausschließlich aus Pergament- blättern (17%X24 cm). Unsere Sermones sind einspaltig in einer kleinen und sehr zierlichen Schrift des 14. Jahrhunderts geschrie- ben. Auf fol. 57" steht oben: Ineipit prologus in sermonibus feri- alibus et communibus; darunter über die ganze Zeile verteilt:
‚Sci. .Spe. .adsit. .nob. .gra. (= Saneti Spiritus adsit nobis gracia!).
Jede Angabe über die genauere Zeit der Niederschrift fehlt.
Vergleicht man den Text mit L und B1, B 2, so zeigt sich, daß
ta. a. 0. S. 200—203. 2 Über dieses Kloster vgl. U. Berliöre, Monasticon belge I. Maredsous 1890, S. 150—52.
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Br ganz mit den Brüsseler Handschriften geht. In Nr. 7 fehlen dieselben Worte, die in B1 fehlten und ursprünglich auch in B2 ausgelassen waren. Überhaupt weicht Br überall da von L ab, wo auch B1, B2 abweichen. Die einzigen in den Sermones vorkom- menden französischen Worte (in Nr. 27: dieu merei [B 2 : merey], dieux grant merci [B2 : merchy] stehen in Br (fol. 80”) so da: deus merci, dex grant merci. Dem Schreiber war die französische Sprache anscheinend fremd. Sonst bietet die Handschrift nichts Bemerkenswertes.
Der Umstand, daß sich Handschriften unserer Sermones nur in Belgien befinden und bei dreien von ihnen auch die Her- kunft aus belgischen Klöstern gesichert ist, erlaubt den Schluß, daß Jakob von Vitry diese Predigtsammlung seinen belgischen Freunden übersandt hat, ohne für eine weitere Verbreitung zu sorgen. Wir wissen, daß Jakob dem Kloster, dem er selbst als Augustiner-Chorherr angehört hatte, dem Priorat St. Nikolaus zu Oignies, „unzählige Bände“ von Rom aus zum Geschenk ge- macht hat!. Gewiß waren darunter auch unsere Sermones. In der Bibliothek der Zisterzienserabtei Villers-en-Brabant, einem Kloster, dem Jakob sehr nahestand, befand sich eine jetzt nicht mehr nachweisbare Handschrift dieser Predigten?; ebenso ge- hörte ein Exemplar dem St. Martinskloster in Tournai?.,
Jakob selbst hat in einem kurzen Prolog* seinen Predigten den Namen gegeben: Sermones feriales et communes. Die 25 Predigten zerfallen nämlich in zwei Gruppen: in 14 Sermones feriales und 11 Sermones communes. Die erste Gruppe enthält für jeden Tag der Woche je zwei Predigten; der Name S. feriales erklärt sich daraus, daß feria die kirchliche Bezeichnung für die einzelnen Wochentage ist. Die zweite Gruppe umfaßt elf Predigten, von denen jede an irgend einem beliebigen Tage soll gehalten werden können. Auch hier erklärt sich der Name aus dem kirch- lichen Sprachgebrauch; im Meßbuch und im Brevier bezeichnet der Ausdruck „Commune Sanctorum‘‘ diejenigen Offizien, die
ı E. Martöne et U. Durand, Veterum scriptorum et monumen- torum amplissima colleetio tom. I. Parisiis 1724, Sp. 1278,
2 H. Schuermans, La bibliothöäque de l’Abbaye de Villers (Annales de la Soeiste arch6ologique de l’arrondissement de Nivelles VI [1898] 208).
3 Foppens, a. a. 0.
‘4 Unten S.2, Zeile 15.
Fra. AR
nicht einem bestimmten Heiligen, sondern einer Gruppe gleich- artiger Heiligen angepaßt sind (z. B. „Commune Martyrum“ —= Offizium zu Ehren eines beliebigen Märtyrers).
In den Handschriften L, B1, B 2 sind die Sermones vom Schreiber als Sermones cotidiani ei communes bezeichnet. Für feriales steht also hier cotidiani; offenbar in Anlehnung an die Worte des Prologs!, die Predigten sollten sein quasi panis cotidianus. In Br lautet die Überschrift dagegen genauer: Ineipit prologus in sermonibus ferialibus et communibus.
Der Inhalt der Predigten war bei der ersten Gruppe, den Sermones feriales, durch ihre Verteilung auf die Tage der Woche wie von selbst gegeben: an jedem Wochentage wird in zwei Pre- digten ein Stoff behandelt, der demselben Tage im biblischen Schöpfungsbericht (Genesis I1—II2) entspricht. Die Sermones communes behandeln dann einfach den hierauf folgenden Bibel- text (Genesis II3—III24) weiter. So bilden diese „‚Wochentags- und Alltagspredigten‘“ eine Predigtfolge über Schöpfung und Sündenfall.
Dieser weitgespannte Rahmen bietet dem Prediger Raum, sein ganzes, wohl meist aus seiner Pariser Magisterzeit stammen- des Wissen in buntem Wechsel auszubreiten. Ohne einen inne- ren Zusammenhang in der Gedankenfolge zu wahren, spricht Jakob über die einzelnen Angaben des biblischen Berichtes und knüpft hieran Belehrungen über die Glaubenslehre und das Sitten- gesetz der Kirche.
Am Schluß der einzelnen Predigten und zuweilen auch mitten im Text stehen nun die Exempla: Fabeln, Legenden, Anekdoten und allerhand selbsterlebte Geschichten; zusammen 107 Stücke, darunter auch die bereits erwähnten, von Crane? verworfenen Stücke. Diese Exempel sind gleichsam der Nachtisch, mit dem Jakob die ungeduldigen Zuhörer fesselt, die geduldigen belohnt. , Hiermit befolgt er eine Mahnung des Alanus von Lille (t 1202), der dem Prediger empfohlen hat, er möge gegen Schluß der Predigt einige Exempet-bringen?. Die wenigsten Erzählungen bei Jakob sind durch den Stoff der vorausgegangenen Predigt . eingegeben; ihr Hauptzweck bleibt doch die Unterhaltung der Hörerschaft.
ı Unten S.2 Zeile 18. ®2a.a. 0. S.LI. Anm. 3 Summa de arte praedicatoria I, Migne, PLCCX Sp. 114.
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Jakob leitet die meisten der Exempel damit ein, daß er an- deutet, woher er die Geschichte habe: vom Hörensagen, aus einem Buche, aus eigenem Erlebnis usw. Ich habe im folgenden die Exempel nach diesen Einleitungsformeln zusammengesellt. Die Ziffern bezeichnen die einzelnen Exempel.
vidi (vidi et novi; vidimus): 4, 6, 45, 46, 75, 91, 103
Zusammen: 7
memini: 84, 86, 97, 98, 99 Zusammen: 5
audivi: 3, 9, 11, 16, 17, 20, 23, 24, 25, 26, 27, 32, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 43, 44, 48, 49, 53, 62, 67, 68, 70, 71, 76, 79, 81, 82, 83, 87, 89, 90, 101 Zusammen: 39
notum est: 61 1
legimus (legitur): 1, 19, 21, 47, 60, 69, 72, 85, 92
Zusammen: 9
dieitur (in Vita Patrum dieitur ): 2, 5, 10, 13, 14, 15, 22, 28, 33, 47, 65, 66, 77, 88, 96, 100 Zusammen: 16
ohne Angabe: alle übrigen Zusammen: 30
Bei den Fabeln (2, 5, 22, 28, 50, 51, 55, 65, 96) steht ent- weder dieitur oder keine Angabe.
Mehrere unserer Exempel sind auch außerhalb der Predigten überliefert, nämlich in einer handschriftlichen Sammlung von Exempeln des Jakob von Vitry. Es ist dies die lateinische Hand- schrift Nr. 18134 der Nationalbibliothek zu Paris [= P], aus der auch Crane acht unserer Exempel namhaft gemacht hat. Von den 157 Exempeln dieser Sammlung stehen 74 in den Sermones vulgares. Von der übrigen lassen sich noch 34, und zwar gerade die 34 ersten, in den Sermones feriales et communes feststellen. Es bleiben also 29 Exempel, deren Echtheit nach unserer Kennt- nis der Predigten Jakobs unsicher bleibt. Gleichwohl möchte ich sie ihm nicht voreilig absprechen, ich beabsichtige vielmehr, auch diese Stücke demnächst zu veröffentlichen. Welche Exempel der vorliegenden Ausgabe in P überliefert sind, zeige die folgende Liste, in der die römischen Ziffern die Nummern in P, die arabi- bischen Ziffern die Nummern in dieser Ausgabe bezeichnen: 1 (8), II (4), III (6+-7), IV (10), V (15), VI (16), VII (25), VIII (39), IX (40), X (48), XI (44), XII (49), XIII (1), XIV (86), XV (37), XVI (61), XVII (62) XVIII (67), XIX (68), XX (69), XXI (70), XXI (72), XXIII (79), XXIV (87), XXV (9), XXVI (94), XXVII (98), XX VII (99), XXIX (100), XXX (102), XXXI (103), XXXII (104), XXXII (106), XXXIV (107). Weder in der Sermones vulgares noch in den Sermones feriales
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et communes stehen folgende Nummern von P: XXX V—XXXIX, XLI—XLIH, CXI—CXIL, CXVI—CXXVI, CXXIX— CXXXIV.
Die vorliegende Ausgabe bietet den Prolog und sämtliche Exempel der Sermones feriales et communes nach der Hand- schrift L. Zwar wurden sämtliche Texte auch nBilundB2, ein Teil der Stücke auch noch in Br und P durchgesehen, doch geschah dies mehr zur Prüfung der Handschriften und zur Ver- hütung von Lesefehlern denn zur Feststellung des Wortlautes: die Überlieferung ist ja in allen fünf Handschriften fast gleich- förmig, und wo B 1, B 2, Br, P von L abweichen, kann man L fast durchweg folgen. Abweichungen von L habe ich in den An- merkungen nur nach B1 und B 2 mitgeteilt, weil ich nur diese beiden Handschriften vollständig mit L verglichen habe.
In der Schreibweise wurde, dem Grundsatze dieser Samm- lung gemäß, eine Handschrift, wiederum L, zugrunde gelegt. Vereinzelte Unregelmäßigkeiten habe ich unbeachtet gelassen.
Die Zeichensetzung rührt ganz von mir.
Daß außer dem Texte der Exempel auch die vom Abschreiber herrührenden, in allen Handschriften gleichförmigen Überschrif- ten, oder besser Beischriften, in kursivem Druck aufgenommen worden sind, wird der Benutzer dieser Ausgabe wohl nur begrüßen. Die Übersicht über den Inhalt der Exempel wird durch diese Beigabe wesentlich gefördert.
In den Handschriften beginnt jede Beischrift mit den Worten Exemplum (abgekürzt: Ex”) de... Ich habe das Wort Exem- plum fortgelassen. Bei zwei Exempeln (Nr. 26, 52) fehlen in allen Handschriften die Beischriften; ich habe sie für diese beiden Stücke selbst gebildet und in Klammern hinzugefügt.
Den die Exempel einschließenden Predigttext habe ich so weit mitabgedruckt, als er mit den Exempeln innerlich verbunden ist. Es sollte so hervortreten, aus welchem Gedanken heraus der Prediger auf die einzelnen Erzählungen verfallen ist, oder besser: mit welcher lehrhaften Verbrämung der Erzähler seine Stücklein rechtfertigen möchte.
In den Anmerkungen habe ich mir mit Absicht Beschränkung auferlegt und außer notwendigen Angaben über Personen und Orte nur eine geringe Zahl von parallelen Erzählungen angeführt. Die vorliegende Ausgabe will nicht als Bearbeitung der Exempel ange- sehen sein, sondern möchte solche Bearbeitungen anregen und fördern.
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Außer einem Namen- und Wörterverzeichnis habe ich auch ein Sachenverzeichnis beigegeben, das vornehmlich kulturge- schichtlichem Interesse dienen möchte. Der Hauptwert der neuen Exempel ruht nämlich nicht so sehr in den hier vorliegenden Fassungen von Wandererzählungen, sondern in den kultur- geschichtlich wertvollen Geschichten, die Jakob selbst erlebt oder aus seiner Zeit erfahren hat.
Da zwischen der Ausgabe von Frenken und meiner Ausgabe ein Unterschied hinsichtlich der Nummerierung der einzelnen Exempel besteht, so lasse ich eine Übersicht folgen, in der die Nummern bei Frenken mit römischen, die Nummern bei mir mit arabischen Ziffern bezeichnet sind: I-XXV (1—25), Anekdote I auf Seite 149 (26), XXVI (27), XXVII (28), XXVIII (29), XXIX (30), XXX (31), XXXI (32), XXXII (33), XXXII (34), XXXIV (85), XXXV (86), XXXVI (37), XXXVII (38), XXXVII (89), XXXIX (40), XL (41), XLI (42), XLII (43), XLIII (44), XLIV (45), XLV (46), XLVI (47), XLVII (48), XLVIII (49), XLIX (50), L (51), Anekdote II auf Seite 149 (52), LI (53), LII (54), LIII (55), LIV (56), LV (57), LVI (58), LVII (59), LVIII (60), LIX (61), LX (62), LXI (63), — (64), - LXI1 (65), LXIII (66), LXIV (67), LXV (68), LX VI (69), LXVII (70), LXVIIL (71), LXIX (72), LXX (73), LXXI (74), LXXU (75), LXXIIL(76), LXXIV (77), — (78), LXXV (79), LXXV1(80), LXXVIl(81), LXXVIIL(82), LXXIX (83), LXXX (84), LXXXI (85), LXXXII (86), LXX XIII (87), LXXXIV (—), LXXXV (88), LXXXVI(89), LXXX VII (90), LXXXVIIl (91), LXXXIX (92), XC (93), XCI (94), XCIH (95), XCIIL (96), XCIV (97), XCV (98), XCVI (99), XCVII (100), XCVIII (101), XCIX (102), C (103), CI (104), CII (105), CIII (106), CIV (107).
Verzeichnis der Exempla
(Bei jedem Exempel ist in Klammern vermerkt, wo es in der Hs. L zu finden ist: die Ziffer bezeichnet das Blatt; mit a b sind die beiden Spalten der Vorderseite, mit c d die beiden Spalten der Rück- seite bezeichnet).
Nr. ET ER Ur SE 1. De illo qui minus percussus ab amico magis lesum se reputa- ga ee een, were 2. De ceruo et bobus et de negligencia pastorum (8ab). X-3. De abbate et monachis quibus demones illuserunt (12 13 b) £_4. De homine qui hospitatus est apud Christum (13b—14e).
. De volpe, lupo et cuniculo et agno et contra falsos testes et
iudices iniquos et de canibus, miluis et coruis (17c—18a).
ee Parisionsi (18). - - » 2 = 2 2... 0... % Daeaenore: Christi (18d). - -» » » 2.0 2 2 00a“ . De philosophis et beato Anthonio (21d 2a) ...... . De aduocato qui linguam in morte extraxit (24a)... . . De sancto Bernardo et de duobus eius monachis egrotantibus
SS NEE ER A ES
. De monacho qui nolebat comedere fabas nec grossa cibaria
a a ee eh
SEemelsinte (270) . 2.50% ren . Deillo pro quo orauit heremita et non est exauditus (27d 28a) . De heremita cui Dominus ostendit tria genera hominum
EN BER EEE
. De Aristotile et vxore Alexandri (29abe) ........
. De magistro Sella, et contra illos qui mortuos defraudant (35a) . De comite Campanie et eius largitate (35ab) ..... .
. De eodem comite et de puero qui emit bursam (35be)
. De abbate cogitante quomodo sine tedio anime semper erunt
WERE: FASER u a ee
..Derege et eius astronimo (40d—4lb). .... 2...» .. De sancto qui non poterat ieiunare (4d5d 46a)... ... - »: De: Iupo. et ae Mabh);. 2 u a er, ..De illo qui percussit iudicem, vt haberet hospiecium (47b)
— XVI—
. De sacerdote qui nocturnam pollucionem maius peccatum
reputabat quam fornicacionem (47be). .... 22.2... 20
. De heremita cui dyabolus in specie hominis ministrabat et
quomodo decepit eum (47e—48a). . 2.2. 2 2. 222.0. 21
. [De homine qui non poterat viuere sine aquis] (48d 49a) 22 . De simpliei religioso qui tantum Era referebat et veniam
postulabat (49b) . 2... nr. 2 om Ren 22 . De testudine contra presumptuosos (49d) . . . . . ne re . De pisce qui dieitur echinus (b2be) .... 2.2. 0% 22 . De cancro et ostreo (52cd) .... . ee 23 „ De polipio (524) . '.. 2 u he 8 u see nr en 23 . De cocodrillo et bubalo (52d 53a) ...... 2. 2 vn 24 . De cete submergente naues (b4b).. .. 2... 2. 2... 24 . De rege Castelle et de garritu cornieum (59be) .... . 24 . De illo qui per vesice inflate sonum mercatori illusit (59c) 25 . De. conuerso et bufone (Ad) ... . 2 2 oe nem zeni 25
. De archiepiscopo Remensi et de eodem conuerso (64d 65a) 26 . De comite qui assumpto habitu Cisterciensi custodiebat ahımala (6bab). . 400 2. ie ee 27
39. De equo prelati quem frater eius quadam arte optinuit (6Bhed). u ee ea re 28 40. De prelato delicato qui factus est monachus Cysterciensis (Mb). ee ee ee an 29 41. Exemplum contra litteratos qui dicunt et non faciunt et de litteratura presumunt (lcd) .. 2.2.2220. 29 42. De eodem magistro (71d) 2. 2 2.0 00 Kia wine 30 43. De monacho qui similauit se vidisse visionem (75d 76a) 30 44. De homine illo qui seipsum eruei affixit (76ab) .... - al 45. De virgine cuius venter intumescebat et in mamilla lac habe- Dat (I6b). 2: Sa ee a ee TER FOR 32 46. De muliere Laudunensi habente in vtero nescio quam cre- aturam (N0DE) u... 0 0 ne ee ee 32 47. De heremita qui combussit fasciculum litterarum (81a) . 33 48. De predicatore qui dedit asinum leprosis (8$lab). ... . 33 49. De illo qui in fine oracionis cogitauit si haberet equum cum BOHA-BLDO). 5.2.4 0 wa aan ee Se 34 60. De ferro securis et silua (8ic) » . : 2... 2... chi 34 51. De homine qui recepit serpentem (8i1cd) .... 2... 35 52. [De Fulcone predicatore] (82ab) . . .... 2.2... 35 53. De magistro qui legit in aere et in aqua (87d 88a) . . . 36 54. Exemplum. temperancie de sancto Bernardo et eius monacho NOBa). ee are sche on an ei BARLDE 36 55. De capro et asello (88a b) ea ARTE 37 56. De nobili viro qui spinam suspendit (88be) . EN: 57. De heremita affecto tedio (BC) ». .» . rer 20. 38
— XVII —
. De illo cui ostensa sunt quatuor elemosinarum genera (93d) . De tribus molendinis (Bd Ya) ..... 222220. . De saneto Cerbonio et de anseribus siluestribus (99d) . . . . De sancto Theobaldo et de demone qui eum voluit impedire
EEE = BAR U RR ST cn Dun Zee
. De dyabolo qui duxit vxorem cuius litigia non poterat
RECHNEN) Ve na EEE NEE ÄLTER]
. De bachone qui pendebat in quadam villa (100be). ... . „ De Iupo et de auicula (1066). . ..... 2.2.2.2... FE EROBOON 2: N IT DB Be EN N EEE . Deillo qui commendauit vxorem suam dyabolo (105d 106a) . De dyabolo et fure (106ab) ........ 2.2.2.2... . De monacho qui noluit videri a matre (111lab) .... . . Exemplum contra maliciam mulierum et de illo eui pater dedit
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; De arbore in qua se suspendebant mulieres (111ec). ... . . De pio dolo quo sanctus Bernardus militem ad religionem in-
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ze eymone Mago (1lld 1188)... ...: 2.2... 0: . De illo qui dixit se obligasse barbam suam (117abe). . . . De illo qui barbam amisit (117ed). .... 22... . De illo qui querebat obprobrium et contumelias sibi inferri
WINE N NT MERENER NG
. De sancto Guillelmo curti nasi qui non sustinuit sibi femoralia
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. De aucupibus et decanis ruralibus atque prepositis (123d) . De Sarraceno qui non exierat de Damasco (124ab) .
. Deillo qui diuersos morbos in dampnum suum aperuit (124bec) . De stulto qui percuciebat et qualiter percussus se vindicauit
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. De illo qui voluit emere cantilenas (129d 130a). . De illo qui parabat mendacia et excusabat mendaces; et de
a en te ie al
. De tribus clerieis euntibus Parisius (130ab)...... - . De sancto cui dyabolus ventrem palpauit (134d) . De illo qui pluries manducauit in die Veneris et obliuiscebatur
RE KERLE
. De monacho abstinente ad cuius preces oleum habundauit
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. De magistro qui balbus erat (139a). ..... 2... . De electo eui obieiebatur quod nichil sciebat de seculo (139a) . De prelato qui dedit prebendam non vacantem (139b) . . . De illo qui scrinia plena lapidibus reponebat in monasteriis
TER RER RESET ERS BITTEN IE
Sammlung mittellateinischer Texte. 9. II
— XVII —
. De Athanasio qui illusoribus illusit (139d) . ...... . De eodem sancto (189d 140a) . . ... 2. 2 20.0 0. . De abbate et monacho pecunioso (140abe) . ...... . De priore qui illusit legato (1406) . .. . 22220. . De Inpo et ouibus (150d) - . . . 2. .2...2 22 Sem . De [illo] qui fetorem cloace non senciebat et fetorem eruei-
boli non sustinebat (150d). . » . » 2. Wal h Vene
. De filia comitis Tholosani et eius matre (15lab)
. De Sarraceno cui curati suht ovuli per calcem viuam . . . . Deillo qui ligauit cepe calidum super oculos suos (l15le) . . . . De sacerdote qui pro eodem peccato minimam vni et maximam
alii peniteneiam iniunxit (löled) .... 2.222220...
. De simia que denarios proiecit in mare (15ld 152a)... . De sacerdote qui per contencionem cantauit vesperas (152ab) . De Maugrino qui scolarem ligari fecit (152be). .... . . De Maugrino qui excommunicauit Nominales (152cd)
. De Maugrino qui nesciebat cartem legere (152d). ... . . . De heremita qui cum baculo volebat eicere denarium de cella
sun (1524 1688) . 2 22.200 00 0 MIR DR TEE
Wörterverzeichnis
(Die Zahlen bezeichnen Seite und Zeile).
astralabium 19, ı. bacho 41, 3. balivus 17, 17. bedelli 9, 24.
carta 63, 1. cervisia 13, 27. confortativus 14, 7. crucibolum 57, 34.
guerra 40, 2; 57, 16.
haro! 35, 27, 28.
inexpositus 1, 16, infallibilis 19, 23. leccator 55, &% 7,
manerium 6, 23. obba 44, 32, „organizator 51, 17, 24, __ palacium 6, 35; 36, 13. parochianus 61, 9. perna 41, 3. personatus 54, 16. reconvenire 9, 1; 20, 3. ribaldus 20, 3. thesauraria 54, 15. torneamentum 28, 7. trufator 50, g; 54, 25. trufum 50, 19.
INCIPIT PROLOGUS IN SERMONIBUS COTIDIANIS ET COMMUNIBUS MAGISTRI JACOBI DE VITRIACO.!
‚Ne vadas in alterum agrum ad colligendum, nec recedas ab hoc loco!?‘ Verba sunt Booz ad Ruth, id est Christi ad fidelem animam et videntem — Booz enim fortitudo et Ruth videns interpretatur —; quasi dicat: suffieiat tibi ager sacre seripture; non te oportetperaliosagroseuagari. Agerenimsacre sceriptureest ager plenus eui benedixit Dominus: plenissime suffieit ad fidei cogni- cionem et morum informacionem. Hie enim est ager pascualis et fertilis, de quo seriptum est: Nichrl michi deerit: in loco pascue, ibi me collocauit®. Porro precepit Booz pueris suis dicens: ‚Eciam si vobiseum metere voluerit, ne prohibeatis; et de vestris manipulis proieite de industria et remanere permittite, vi absque rubore collı- gat“. Et eciam ipsa Ruth ait: ‚Vadam in agrum et colligam spicas que fugerint manus metencium’. Ex quo patet quod licet nobis minoribus, spicas post messores colligere in agro sacre seripture et ea que doctores nostri, messores Christi, ad sequeneium exerci- cium indiscussa et inexposita reliquerunt, discutere et exponere valemus secundum illuminacionem spiritus nostri et capacitatem ingenii. Sicut de filiis Job legimus® quod jaciebant conuiwia per domos vnusquisque in die suo, id est iuxta modum intelligencie illuminate a Deo: sieut hodie in vniuerso mundo filii Job, id est Christi doctores, per domos, id est per diuersas regiones, epulas doctrine ministrare non cessant, vnusquisque in die suo, prout illuminantur, alii plus alii minus, a Spiritu Sancto, vt, secundum quod dieitur in Deuteronomio’, de pomis celi et rore atque abysso
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subiacente, de pomis fructuum solis et lune, de vertice antiquorum 25
1 in roter Tinte; darunter von späterer Hand in schwarzer Tinte: episcopi et cardinalis. *RuthII8. ® Psalm XXII1,2. *Ruth II 15, 16. 5EbendaII2. — Auch Odo von Cheriton lehnt sich im Prolog zu seinen Fabeln an das Buch Ruth an (L. Hervieux, Les fabulistes latins IV: Eudes de Cheriton et ses derives. Paris 1896, S. 173—175). ® Job IT4. 7 XXXII 13—15.
Sammlung mittellateinischer Texte. 9, 1
SR.
moncium, de pomis collium eternorum sit benediceio nostra. De pomis celv: id est de celestibus sacrorum eloquiorum senteneis; de celi rore: id est de celestis gracie irrigacione; de abysso subia- cente: id est de profunditate sapiencie que trahitur de oceultis; 5 de pomis fructwum solis et lune: id est Christi et ecclesie, que sunt duo testamenta (de quibus in Cantieist: Omnia poma, noua et ve- tera, seruaui tibi, dilecte mi); de vertice antiquorum moncium: id est de preminencia intelligencie veterum patrum; de pomis collium eternorum: id est de exemplis sanetorum antiquorum. De hiis 10 omnibus benedieuntur qui sacras scripturas diligunt et operibus non contradicunt.
Vt igitur tanta et tam copiosa benediceione non priuemur, sed pomorum fructuum solis et lune efficiamur participes: post sermones Dominicales, festiuales et volgares ad tanti operis
15 consummacionem subiungere temptauimus feriales et communes; vt, qui predietorum sermonum multitudinem non potuerint uel noluerint habere, his vltimis et paueis contenti in promptu habeant quasi panem cotidianum ad reficiendas animas omni die. Et quoniam velle nobis adiacet, perficere autem non habemus?,
20 nisi ab illo qui operatur in nobis et perficere?, inuocandus est summus doctor, sine quo nichil possumus facere*, vt qui cepit ipse perficiat® ad ipsius laudem et gloriam, ad instruccionem minorum® et informacionem animarum.
L;
M* offenditur Deus Christianis, qui post lauacrum rege- neracionis et alia multa bona que fecit eis ipsum con-. tempnunt et offendunt, quam Judeis et Paganis; sicut legimus de quodam homine: Qui cum sentenciam lapi- dacionis excepisset et 30 publico edieto fuisset proclamatum, vt quilibet de ciuitate vnum lapidem in-ipsum proiceret, multis lapides proicien- tibus et grauiter ledentibus ipse tacebat. Tandem vnus timore iudieis lapidem proiecit in eum, nec multum lesit respectu aliorum. At ille cepit conqueri fortiter et celamare.
ı VII 13. ®2 Römer VII 18 ? Philipper II13. * Vgl. Joh. XV5. 5 Phil. I6. ® So steht in der Hs.-Es muß aber vermutlich morum heißen (vgl. Seite 12.7, Seite 27 Z.8 u. 2. 32); auch Odo von Cheriton sagt am Schluß seines Prologs (a. a. 0. 8.175): ... cedat ad instructionem morum et commodum animarum.
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De illo qui minus percussus ab amico magis lesum se repulauit.
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Iudex autem valde ammiratus quesiuit ab eo, cur ita fortiter clamaret, cum ad maiores ietus et magis lesus ab aliis tacuisset. Cui ille homo respondit: ‚Iste plus omnibus aliis michi molestiam intulit et non solum corpus meum, sed spiritum afflixit: iste enim . semper amicus meus fuerat et multa beneficia a me recepit; aliis autem nichil boni feci.‘ Tunc iudex motus pietate ipsum abire permisit. 2.
Ignis enim malicie prelatorum simplices subditos exemplo malo corrumpit. Per terram subditi [intelliguntur]; vnde Jobt: Si aduersum me terra mea clamat. Quod fit, cum subditi de prelatis conqueruntur, qui non querunt commodum subditorum et negligunt curam animarum. Summus autem pastor non negli- get negligeneciam eo- rum; sieut dieitur de ceruo: Qui cum fugeret & facie venatorum, intrauit in stabulum boum et consumens pabulum, quod ante boues in presepio ponebatur, non modicum dampnum domino faciebat. Minister tamen seu bubulcus domi- num per negligeneiam suam non aduertebat nec ceruum a bobus discernebat. Tune ceruus cepit gaudere et securus esse. Cui vnus de bobus ait: ‚Tu nune gaudes de bubulei negligencia; sed gaudium tuum cito conuertetur in luctum. Dominus enim noster oculos habet ante et retro: qui diligenter stabulum istud visitabit et ab oculis eius abscondi non poteris.‘ Quo dieto venit dominus et viso ceruo, qui inutiliter bona eius consumebat, iussit eum excoriari et concisum per frusta in caldariis infernali- bus mitti. Seruum autem negligentem variis tormentis eruciari precepit. — Justus iudex Dominus noster Jhesus Christus qui viuit et regnat per omnia secula seculorum. Amen.
3.
De ceruo et bobus et de negligencia pastorum.
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N: autem a0 m, abbate ei momachis quibus demomes in
eidit in partibus Gallicanis, sieut audiui a quibusdam fide dignis, quod quodam abbate redeunte cum ı XXXI 38. ® Eine Bearbeitung dieses Exempels bei Stephan von Bourbon, Tractatus de diversis materiis praedicabilibus (Anec- dotes historiques, Legendes et Apologues, tir6s du recueil inedit
d’Etienne de Bourbon, publiess par A. Lecoy de la Marche, Paris 1877; Nr. 79, S. 75, 76).
illuserunt®.
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monachis suis et familia a Cisterciensi capitulo generali, cum noete instante viam amisissent nec locum ad hospitandum inuenire potuissent, demones, ut eis illuderent, transfigurantes se in monachos valde religiosos — sicut exterius in habitu et coronis amplis videbatur — valde ceperunt eos rogare, ut hos- pitari vellent cum eis in abbacia eorum que prope erat in siluis. Quibus acquiescentibus in pulcerrimo monasterio et hospieio ydoneo, preparato igne copioso et vietualibus ad religionem pertinentibus, honorifice sunt recepti. Prius tamen quam hospi- cium ingrederentur, dueti sunt secundum ordinis exigenciam in ecelesiam ad oracionem. Cum autem ad mensam sederent monachis ad hoc officium deputatis eis satis liberaliter ministranti- bus, quidam de seruientibus abbatis Cisterciensis, qui in stabulo remanserunt ad custodiam equorum, abbati suo in aure dixe- runt: ‚Pater, valde suspectum habemus istud hospieium. Equi enim nostri, licet fenum et annonam suffieienter habeant, mandu- care nolunt, sed capistra sua rumpunt, ita quod vix eos nescio quo terrore turbatos retinere valemus. Sed insuper in loco isto numquam audiuimus tam nobile monasterium, sieut istud apparet, fundatum fuisse, et spiritus noster tremit et turbatur in nobis.“ Quo audito abbas fecit sibi apponi quedam cibaria que secum attulerat in via, et non permisit quod aliquis mandu- caret de cibariis illius monasterii. Vnde et monachi qui seruie- bant eis visi sunt contristari et dolere. Lectis autem preparatis vix tota nocte potuerunt dormire. Spiritus enim eorum nullam pacem, sed magis horrorem in seipsis senciebant. Mane autem facto, cum vellent recedere, venit abbas monasterii illius et cepit instanter supplicare, ut prius missam audirent. Omnia enim que ad officium pertinebant parata erant. Quibus audienti- bus visum est eis quod quidam ex monachis loei illius valde deuote diuinum offiecium celebraret. Post missam vero abbas illius monasterii et totus conuentus instanter ceperunt rogare abbatem Cistereiensem, ut faceret sermonem in capitulo ad edificacionem fratrum. Cumque abbas tandem acquieuisset, iniunxit cuidam litterato et spirituali monacho quem secum ducebat, ut proponeret aliquod verbum edificacionis. Ile vero videns plus quam trecentos monachos in capitulo residentes qui valde spirituales apparebant, cepit loqui subtiliter et subli- miter tam de summa ierarchia quam de ierarchiis et de ordini- bus angelorum, ostendens offieia et gloriam singulorum et quo- modo Deus diuidens lucem a tenebris quibusdam miserabiliter
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eorruentibus alios confirmauit. Audientes autem monachi illi, cum non possent sustinere, ceperunt vnus post alium inclinatis capitibus pre confusione et verecundia exire, secundum quod loquebatur de illis ordinibus, a quibus ceciderant monachi recedentes. Cumque abbas monasterii cum paucis remansisset, credens monachus qui loquebatur quod tedio afficerentur, finem fecit. Abbas vero Cisterciensis valde admirans cepit querere ab abbate loci illius, quare fratres fere omnes recessissent. Tune abbas loei illius ait: ‚Dico vobis et non celabo veritatem: Nos sumus angeli illi qui cum Lucifero corruimus; et erant hie mecum de quolibet ordine aliqui, qui sustinere non valentes, secundum quod de ordine eorum mencio fiebat, recedebant. Nondum autem locutus fuerat monachus vester de ordine, de quo fui ego et hii pauci qui remanserunt; et ideo aliis exeuntibus nos pauei remansimus.‘ Quo dieto cessantibus prestigiis et illusioni- bus nee monachi apparuerunt nec monasterium. Et inuenerunt se jiuxta quandam paludem, inclusi vndique luto et paludibus, ita quod vix exire potuerunt, presertim cum equi illorum valde essent debiles, qui nichil tota nocte comederant; et abbas cum suis nichil aut parum quieuerat illa nocte. Et quia diu detenti fuerant in apparencia misse et sermone, vix per residuum diei potuerunt ad hospieium venire. Et forte, si de alia materia locu- tus fuisset monachus et monachi remansissent, dum more hos- pitum ab aliquibus deducerentur, ad talia loca eos perduxissent, vnde sine periculo personarum recedere non valerent, nec per totam diem illam villam aut vietualia inuenire potuissent.— Valde igitur expedit, vt diligenter lux a tenebris diuidatur! et probentur spiritus, vtrum ex Deo sint:.
4.
Manni autem De homine qui hospitatus est apud aceidit cuidam Christum®.
deuoto et religioso
layco quem vidi et noui: Qui cum moraretur in quadam villula que Wambays® nominatur, in dyocesi Cameracensi, et vic- tum tenuem acquireret de labore manuum suarum, visitatus &
ı vgl. Genesis I 4. ?®1 Joh. IV 1. *° Bearbeitung dieses Exempels bei Stephan von Bourbon Nr. 152 (S. 128—131). Die Ortsnamen sind hier sehr entstellt worden. *— Wambaix, Dorf mit (heute) 630 Einwohnern im Kanton Carniöres, östlich von Cambrai. Bei Stephan v.B. (S. 129) steht dafür Villaisvilla (!).
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Domino cepit mundum contempnere et magnam penitenciam in domo sua facere, seruiens Deo die ac nocte'. Cumque non haberet ecclesiam paratam sicut vellet, cepit cogitare quod in domo sua secretum faceret orathorium; et processit ad quandam villam que Fontana? dieitur, remotam a domo sua fere per duas dietas, in qua fiunt ymagines beate Marie opere subtili et ele-
ganti; et emit vnam satis ponderosam, quam cum panno lineo
inuoluens imposuit humeris suis. Cum nocte imminente valde fatigatus veniret ad villam que Bincium? dieitur, nec posset de facili inuenire hospicium quale vellet, apparuit illi quidam in religioso et humili habitu, qui se nominabat fratrem Petrum et dixit ei: ‚Salue Johannes! — sic enim vocabatur homo ille — Ego, inquit, laboribus tuis compacior, nec est bonum quod tu hospiteris hac nocte inter homines seculares. Sed veni mecum parum extra villam istam, et optimum tibi exhibebo hospieium.‘ Cumque multis eius ammonieionibus induetus acquieuisset, exeun- tes de villa intrauerunt quandam siluam pulcerrimam. Cumque modicum processissent, introduxit frater Petrus hominem illum in hospieio pulcerrimo. Vbi igne copioso accenso et posita
mensa receptus est hilariter a domino hospieii, qui precepit _
fratri Petro, ut eum sufficienter procuraret. Johannes autem valde mirabatur, quia prope Bincium talem siluam uel tale manerium numquam viderat uel audierat fuisse. Cum autem ad mensam sederet, vidit mappam mundissimam et candidam sieut niuem, nec aliquo modo perpendere potuit, ex qua materia esset. Appositus est ei panis candidissimus et potus talis saporis,
, eui nullüs alius sapor possit comparari uel adequari. Apposuit "insuper frater Petrus in vase mundissimo olera coram ipso,
quorum mirabilem saporem Johannes pregustans et estimans, ne forte cum carnibus cocta essent, timebat comedere, eo quod nec carnibus nec sagimine vteretur. Cui dominus domus ait: ‚Ne timeas comedere! Numquam enim carnes uel sagimen olera ista tetigerunt.‘ Tandem apposita sunt ei pira optima, quorum sapore et odore confortatus Johannes post prandium ad ignem in palacio residebat. Et ecce domina domus cum duabus ancillis
ı Lukas Il37. 2—= Fontaine l’Evöque, westlich von Charleroi. Stephan v. B. (S. 129) hat ebenfalls Fontana, doch denkt der Heraus- geber Lecoy de la Marche fälschlich an Fontaine-Notre-Dame (Dep. Aisne). ®— Binche, zwischen Mons und Charleroi. Stephan v.B. (8.129) hat dafür: Luncium (!). ’
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iuxta dominum residens, salutauit Johannem et quesiuit, quid esset illud quod erat in lintheo inuolutum. Qui ait: ‚Ymago est beate Virginis, quam defero ad domum meam; et ponam illam in orathorio quod extruxi michi.‘ Tune domina dissuto panno cepit intueri ymaginem et ait: ‚Valde pulera est hec ymago et multum placet michi. Vide, vt frequenter flectas genua coram ipsa beatam Mariam salutando!; et ipsa retribuet tibi.‘ Et ymaginem inuolutam panno longe melius quam prius consuto reddidit Johanni.